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Gesetz: Bessere Chancen für Volksbegehren

Das Sammeln von Unterschriften wird leichter: Alle Abgeordnetenhaus-Fraktionen einigen sich auf ein Gesetz.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Wer in Berlin ein Volksbegehren organisiert, wird es in Zukunft leichter haben, erfolgreich zu sein. Alle fünf Fraktionen im Abgeordnetenhaus haben sich jetzt auf einen Gesetzentwurf geeinigt, der die Unterschriftensammlung deutlich erleichtert. Der gemeinsame Antrag wird heute schon im Rechtsausschuss beraten und soll am 24. Januar vom Parlament beschlossen werden.

Die wichtigste Neuerung: Unterschriften für Volksbegehren dürfen nicht mehr nur in den Bürgerämtern, sondern auch auf der Straße gesammelt werden. Auf die Vorlage des Personalausweises, um die Identität der Bürger festzustellen, wird verzichtet. Eingetragen werden müssen nur der Name, die Anschrift und das Geburtsdatum. Erst nach Abschluss des Volksbegehrens werden die Unterschriften durch den Abgleich mit dem amtlichen Melderegister auf ihre Gültigkeit überprüft. Außerdem soll sichergestellt werden, dass die Bürgerämter für die Unterschriftensammlung auch am Wochenende geöffnet haben. Und wenn die Organisatoren eines Volksbegehrens dies wollen, muss die Innenverwaltung des Senats bei der Formulierung des Gesetzentwurfes, der mithilfe der „direkten Demokratie“ durchgesetzt werden soll, juristische Hilfe leisten. Für die Schätzung der Kosten, die auf den Landeshaushalt durch einen erfolgreichen Volksentscheid zukommen, wurde eine faire Regelung gefunden. Neben der Schätzung des Senats, die auf den Unterschriftenbögen zu finden ist, dürfen die Träger des Begehrens eine eigene Berechnung veröffentlichen.

Aus verfassungsrechtlichen Gründen wird im Gesetz aber darauf verzichtet, einem erfolgreichen Volksbegehren eine aufschiebende Wirkung zuzugestehen, solange der anschließende Volksentscheid noch nicht stattgefunden hat. Das heißt: Der Senat und die Regierungsmehrheit im Abgeordnetenhaus können nicht verbindlich verpflichtet werden, mit dem Vollzug einer strittigen Maßnahme zu warten, bis die Bürgerbefragung endgültig abgeschlossen ist – wie es der Senat etwa beim Schließungsbeschluss für Tempelhof tat.

Außerdem müssen die Organisatoren künftig offenlegen, wie sie ihre Initiative finanzieren. Spenden für ein Volksbegehren müssen ab 50 000 Euro sofort offengelegt werden. Private Spender, die mindestens 10 000 Euro zur Verfügung stellen, müssen im Antrag für eine Kostenerstattung namentlich aufgeführt werden. Dies soll Transparenz schaffen und eine Kommerzialisierung der „direkten Demokratie“ erschweren. Im Gegenzug sollen die Träger eines erfolgreichen Volksbegehrens und -entscheids eine Entschädigung für den Kostenaufwand erhalten. Gezahlt werden soll, wenn mindestens die Hälfte der erforderlichen Unterschriften eingesammelt wurde. Dann gibt es 15 Cent pro Unterschrift bei Volksbegehren und 7,5 Cent für jede Ja-Stimme bei Volksentscheiden. Die SPD-Fraktion hat dagegen allerdings noch Bedenken.

Der Vorsitzende des Rechtsausschusses, Andreas Gram (CDU), lobte gestern die „konstruktive Diskussion“ zwischen Koalitions- und Oppositionsfraktionen, die zum gemeinsamen Gesetzentwurf führte. Der erste Nutznießer des neuen Gesetzes wird das Volksbegehren für den Religionsunterricht an Berliner Schulen sein. Sollte es den Initiatoren des Volksbegehrens für den Flughafen Tempelhof gelingen, bis Februar 170 000 Unterschriften zu sammeln, fällt auch der anschließende Volksentscheid unter das Reformgesetz – allerdings nur bei den Verfahrensfragen, nicht aber bei möglichen Konsequenzen. Möglich wurden die neuen Regelungen durch eine Änderung der Landesverfassung, die Ende der vergangenen Wahlperiode beschlossen wurde.

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