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Berlin: Geständiger Pokerräuber wieder auf freiem Fuß

Und schon wieder eine Überraschung im Fall des Pokerraubs vom Potsdamer Platz: Nachdem sich zwei Gesuchte vor wenigen Tagen am Flughafen Tegel der Polizei gestellt hatten und wenig später ein bisher Unbekannter als Kopf des spektakulären Coups verhaftet wurde, ist am Mittwoch nun einer der fünf mutmaßlichen Haupttäter wieder aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Der 21- jährige Vedat S.

Und schon wieder eine Überraschung im Fall des Pokerraubs vom Potsdamer Platz: Nachdem sich zwei Gesuchte vor wenigen Tagen am Flughafen Tegel der Polizei gestellt hatten und wenig später ein bisher Unbekannter als Kopf des spektakulären Coups verhaftet wurde, ist am Mittwoch nun einer der fünf mutmaßlichen Haupttäter wieder aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Der 21- jährige Vedat S., der sich vor mehr als einer Woche als erster den Ermittlern gestellt hatte, hat als Kronzeuge umfassend ausgesagt. Das bestätigte gestern Martin Steltner von der Berliner Staatsanwaltschaft: „Er hat die Tat in Einzelheiten gestanden und erhält deshalb ordnungsgemäß Haftverschonung.“ Denn Flucht- oder Vertuschungsgefahr bestehe bei dem Entlassenen nicht mehr. Außerdem verfüge der junge Mann über einen festen Wohnsitz in Kreuzberg.

Die Justiz hat den jungen Mann schätzen gelernt: Vedat S. hatte schon vor Tagen seine Komplizen verraten, die daraufhin mit internationalem Haftbefehl gesucht worden waren. Aber auch er selbst wird sich vor Gericht für die Tat verantworten müssen – ihm drohen nach Einschätzung von Strafrechtsexperten nun aber nur noch zwei, maximal drei Jahre Haft. Hätte sich der junge Verdächtige nicht als Kronzeuge angeboten, hätten es bis zu vier, fünf Jahre werden können. Dem verdächtigen Quintett droht eine Verurteilung wegen schweren Raubes – schließlich hatten die Männer als Gruppe gehandelt und Waffen, darunter eine Machete, eingesetzt.

Vedat S. hat nun am Mittwoch angekündigt, seinen Beuteanteil von 40 000 Euro zurückgeben zu wollen. Nach Tagesspiegel-Informationen hat er das Geld nach der Flucht bei Angehörigen hinterlegt.

Das Milieu, in dem sich der junge Mann vor seiner Festnahme bewegte, gilt als gefährlich. Offen ist weiterhin, welchem der zwölf einschlägig bekannten Berliner Clans die Pokerräuber angehören – die Familien stammen aus dem arabisch-kurdischen Südosten der Türkei, zu ihnen sind nach dem Bürgerkrieg im Libanon auch Flüchtlinge aus anderen Teilen der Region gestoßen. Ein Verrat kann in diesen Kreisen gefährlich werden, erboste Clanangehörige könnten versuchen, den jungen Denunzianten nun zu bestrafen. Die Behörden wollten sich am Mittwoch nicht dazu äußern, ob Vedat S. seit seiner Freilassung unter Polizeischutz steht oder von Fahndern observiert wird.

In Untersuchungshaft sitzen derzeit noch vier verdächtige Männer; der mutmaßliche Kopf der Gruppe ist mit 28 Jahren der Älteste. Die Festgenommenen sollen am 6. März ein Pokerturnier im Hyatt-Hotel am Potsdamer Platz überfallen haben und mit insgesamt 242 000 Euro Beute geflohen sein. Mit einem Audi raste die Gruppe offenbar zu einer Garage in Friedenau, in der die Täter das Beutegeld aufgeteilt haben sollen. Der Staatsanwaltschaft zufolge fielen die Teile höchst unterschiedlich aus: Der vorbestrafte Deutschtürke Mustafa U. beispielsweise hatte sich mit 5000 Euro abspeisen lassen, er soll „nur Schmiere gestanden“ haben, heißt es. Kurz nach seiner Festnahme gab er 4000 Euro zurück, den Rest hatte er auf der Flucht ausgegeben. Der Kopf der Gruppe, ein 28-jähriger Libanese, hat mit vermutlich rund 100 000 Euro am meisten Geld eingesteckt. Davon könnte er, so wird in Justizkreisen vermutet, ältere Tippgeber bezahlt haben.

Die Fahnder haben die berüchtigten Familien seit Jahren im Visier. Nach ihrer Erfahrung hat in einem Clan der Älteste oder von ihm eingesetzte Vertraute das letzte Wort über geplante Einbrüche, das Eintreiben von Schutzgeld oder Kokaingeschäfte. Zwar führten gerade jüngere Männer aus den Familien oft Deals auf eigene Rechnung durch, im Zweifel aber müssen sie einen Teil der Beute an Ranghöhere wieder abgeben.Hannes Heine

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