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Berlin: Geständnis hinter verschlossenen Türen

Sie wollte immer das Beste für ihre Familie, sie hat sie zerstört. Bleich und mit verquollenen Augen betrat die 39-jährige Michaela M.

Sie wollte immer das Beste für ihre Familie, sie hat sie zerstört. Bleich und mit verquollenen Augen betrat die 39-jährige Michaela M. gestern den Saal B 129 im Landgericht. Sie hatte die Richter darum gebeten, zum Schutz ihrer drei Töchter die Öffentlichkeit auszuschließen. Das Gericht kam dem Antrag noch vor Verlesung der Anklage gegen Michaela M. nach, die sich wegen Tötung ihres Ehemannes und versuchter Tötung ihrer Kinder verantworten muss. Anschließend soll die Frau unter Tränen alles zugegeben haben.

Die Staatsanwaltschaft geht von einer Verzweiflungstat aus Angst vor einer drohenden Zwangsräumung aus. Mit dem Auftauchen des Gerichtsvollziehers, der sich wegen Mietschulden in Höhe von etwa 30 000 Mark angekündigt hatte, brach die Scheinwelt, in der man sich fast alles leisten konnte, zusammen. Die Mädchen im Alter zwischen 9 und 15 Jahren besuchten eine Privatschule, erhielten Reitunterricht und trugen teure Kleidung. Der Vater, der als Hausmeister etwa 3700 Mark netto im Monat verdiente, soll wenig Interesse für die finanziellen Angelegenheiten der Familie gezeigt haben.

In der Nacht zum 2. August vergangenen Jahres, wenige Stunden vor der geplanten Zwangsräumung, verteilte Michaela M. an ihre Familie vergifteten Apfelsaft. Als die Opfer schliefen, soll sie ihnen zusätzlich mit einer Rasierklinge die Handgelenke aufgeschnitten haben. Dann verließ Michaela M. die Wohnung und beichtete ihrem Bruder die Tat. Er alarmierte sofort die Polizei. Für den 40-jährigen Manfred M. kam jede Hilfe zu spät. Die drei Kinder konnten gerettet werden. Die Geschwister des Getöteten, die als Nebenkläger am Prozess teilnehmen, erhoben schwere Vorwürfe gegen die Angeklagte. Sie habe nicht spontan gehandelt, sondern die Tat geplant. Manfred M. soll erst zwei Tage vor der Räumung von den hohen Mietschulden erfahren haben, als eine Mitarbeiterin des zuständigen Sozialamtes der Familie Hilfsangebote unterbreiten wollte. Nach einem vorläufigen Gutachten war die Mutter wegen einer Persönlichkeitsstörung vermindert schuldfähig.

Kerstin Gehrke

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