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Gewalt an Schulen: Fall der Rütli-Schule entfacht neuerliche Integrationsdebatte

Während sich die Lage an der seit heute unter Polizeischutz stehenden Neuköllner Rütli-Schule entspannt hat, diskutiert Berlin über Maßnahmen zur Integration von Ausländern.

Berlin - Nach dem Hilferuf kapitulierender Lehrer ist in Berlin die Debatte über Strategien gegen die Gewalt an Hauptschulen und die Integration von Ausländern neu entbrannt. Die mehrheitlich von arabischen und türkischen Kindern besuchte Rütli-Hauptschule im Problembezirk Neukölln steht seit Freitag unter Polizeischutz. Sechs Beamte in Streifenwagen boten Schülern zum Unterrichtsbeginn Gespräche über die eskalierende Gewalt an ihrer Schule an.

Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) forderte die Schulaufsicht auf, «den einzelnen Schulen an den sozialen Brennpunkten jedwede nur mögliche Hilfestellung zu geben». Dazu gehöre mittelfristig auch, «dass an diese Schulen neue Lehrer kommen, die sich gut ausgebildet und motiviert den Anforderungen stellen». Der SPD-Politiker warnte zugleich vor Pauschalisierungen. Es gebe in Berlin auch «zahlreiche Beispiele guter und nachhaltiger Problemlösungen».

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), hat Schüler wie Eltern mit ausländischer Abstammung ermahnt, deutsch zu lernen. «Das Beherrschen der deutschen Sprache ist wichtig, damit auch mit den Eltern ein Gespräch geführt werden kann», sagte Böhmer bei einem Besuch der Schule.

Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck kritisierte, es sei «die völlig falsche Maßnahme, wenn die Bundesregierung die Integrationsmittel um ein Drittel» kürze. Er forderte in der «Netzeitung» ein «umfangreiches Programm» zur Integration der bereits in Deutschland lebenden Zuwanderer.

Die Lehrer der Rütli-Schule hatten sich wegen der eskalierenden Gewalt mit einem verzweifelten Hilferuf an die Schulaufsicht gewandt. 80 Prozent der Schüler stammen aus Migrantenfamilien. Auf die zunächst angekündigten Taschenkontrollen durch die Polizei vor den Schuleingängen wurde am Freitag nach Rücksprache mit dem Polizeipräsidenten und der Schule verzichtet.

«Es ist ein Irrtum zu glauben, dass die Probleme mit der Polizei gelöst werden können», sagte Schulsenator Klaus Böger (SPD). Er mahnte bei einem Besuch in der Schule Verbesserungen in der Integrationspolitik an. «Hier gibt es keine schnellen Lösungen.»

Der Berliner CDU-Spitzenkandidat Friedbert Pflüger plädierte für mehr Polizeipräsenz und verwies auf New York, wo ähnliche Verhältnisse wie an der Rütli-Oberschule mit Durchgreifen beendet worden seien. Die Berliner CDU warf dem Senat und insbesondere Böger erneut Versagen in der Schulpolitik vor.

Der Berliner Landeselternausschuss verlangte ein Anti-Gewalt- Programm an der Rütli-Oberschule, das mit einem «Null-Toleranz- Programm» (keine Duldung von Regelverstößen) verbunden sein müsse. Es gebe an der Schule einen hohen Anteil an Migranten, sagte der Vorsitzende André Schindler. «Diese wollen keine Integration, sie wollen lieber in Parallelgesellschaften bleiben. Deren Respektlosigkeit, besonders gegenüber Frauen, ist aber nicht tolerabel.» Die Schulpolitik und die Gesellschaft hätten es über Jahre versäumt, Grenzen zu setzen.

Die Rütli-Hauptschule bekommt jetzt den lang gesuchten neuen Schulleiter. Böger stellte den Direktor der Paul-Löbe-Schule in Reinickendorf, Helmut Hochschild, als kommissarischen Rektor für die Zeit bis zu den Sommerferien vor. Die bisherige Schulleiterin ist seit Anfang des Schuljahres krank und wird in den Ruhestand gehen. Für die Stellvertretung hatte sich seit Jahren niemand gefunden. Es gab eine kommissarische Leitung aus dem Kreis der Lehrer.

Neuköllns Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) sagte, Kernproblem der ausufernden Gewalt seien Defizite in den Elternhäusern der Schule. Der Leiter des Arabischen Kulturinstituts in Berlin, Nazar Mahmood, mahnte ein Umdenken in Elternhäusern und Schulen an. «Wir müssen in den arabischen Familien ansetzen und dort eine demokratische Erziehung fördern. Wir wollen, dass die Eltern sich ändern», sagte Mahmood der dpa. Zugleich müssten die Lehrer an solchen Schulen stärker als Erzieher ausgebildet werden und sich für interkulturelle Bildung öffnen. (tso/dpa)

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