zum Hauptinhalt
Ort der Erinnerung. Das Mahnmal für Giuseppe Marcone.

© Cay Dobberke

Gewalt in Berlin: Das Mahnmal für Giuseppe Marcone ist verdorrt

Die tödliche Messerattacke am Alexanderplatz erschüttert auch die Familie Marcone, deren Sohn Giuseppe 2011 am Kaiserdamm auf der Flucht vor Schlägern gestorben war.

Vaja Marcone kann nicht begreifen, dass unter jungen Leuten „die Hemmschwelle so tief“ ist, andere zu verletzen oder umzubringen. Der tödliche Messerangriff auf einen 30-jährigen am Alexanderplatz erschüttert sie auch aus persönlichen Gründen. Denn ihr eigener Sohn war ebenfalls ein Opfer von Gewalt: 2011 starb der 23-jährige Giuseppe Marcone in Westend, als er auf der Flucht vor Schlägern aus dem U-Bahnhof Kaiserdamm rannte und ihn ein Auto auf der Straße überfuhr. Die Angreifer wurden später zu Bewährungsstrafen verurteilt.

Gegen den mutmaßlichen Täter beim jüngsten Alex-Tötungsdelikt, den die Polizei am Montag gefasst hatte, ist unterdessen Haftbefehl wegen Mordverdachts erlassen worden.

Giuseppe Marcones Hinterbliebene stehen in Kontakt mit Tina K., der Schwester des 2012 am Alex zu Tode geprügelten 20-jährigen Jonny K. Mit ihr habe sie angesichts der neuerlichen Gewalttat dort gerade gesprochen, sagt Vaja Marcone. Am Alexanderplatz seien bauliche Verbesserungen sinnvoll, aber das genüge nicht. Es gebe „zu viel Frust unter Jugendlichen“, denen oft erwachsene Bezugspersonen fehlten.

Mitte September jährt sich nun das Unglück am Kaiserdamm. Bis dahin will die Giuseppe-Marcone-Stiftung, die Vaja Marcone und ihr zweiter Sohn Velin mit vielen Unterstützern gegründet haben, das Mahnmal auf dem dortigen Mittelstreifen erneuern. Es war im Juni 2013 als Zeichen gegen Gewalt angelegt worden.

Im Juni 2013 enthüllte Vaja Marcone (vorn rechts) am Kaiserdamm die Gedenktafel für ihren Sohn Guiseppe, um damit ein Zeichen gegen Gewalt zu setzen.
Im Juni 2013 enthüllte Vaja Marcone (vorn rechts) am Kaiserdamm die Gedenktafel für ihren Sohn Guiseppe, um damit ein Zeichen gegen Gewalt zu setzen.

© Cay Dobberke

Doch momentan fällt auf, wie verdorrt der über einer Gedenktafel gepflanzte Baum ist. Die Steppenkirsche sei nicht zu wenig gepflegt worden, betont Vaja Marcone. Vielmehr habe sich das von einer Baumschule empfohlene Gewächs als zu empfindlich für den vom Verkehr umtosten Ort erwiesen. Der Kaiserdamm hat dort sechs Fahrbahnen, nebenan verläuft die Stadtautobahn. Fachleute glauben, dass starker Wind und die Wärmeabstrahlung der Straße den Baum verkümmern ließen. Außerdem ist dessen Spitze nicht natürlich gewachsen, sondern durch eine sogenannte Veredelung angefügt worden.

Anfang September soll der Baum durch ein robusteres Sanddorngewächs ersetzt werden. Bis zum Jahrestag des Todes ihres Sohnes am 17. September werde das Mahnmal wieder ansehnlicher wirken, kündigt Vaja Marcone an.

Die Stiftung setzt sich für Toleranz und gegen Aggressionen ein. Eine der jüngsten Aktionen gab es im Februar bis März dieses Jahres am Rande des Lietzenseeparks: Während des Kunstprojekts „Lichter des Respekts“ leuchteten 200 Objekte auf dem Erwin-Barth-Platz zwischen Lietzensee und Kaiserdamm. Laternen und Lampions, die mit Friedenssymbolen, Herzen und Slogans gegen Brutalität bemalt waren, hingen an Drahtseilen zwischen den Bäumen. Beteiligt an dem Projekt waren nicht nur Freunde und Bekannte der Familie, sondern auch Kinder, Jugendliche und Erwachsene aus dem Charlottenburger Kiez sowie Arbeitslosenprojekte.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false