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Gewaltvorfälle: Immer häufiger greifen Schüler ihre Lehrer an

Die Zahl der Gewalttaten an Berliner Schulen ist im Vergleich zum Vorjahr um zehn Prozent gestiegen. Bildungssenator Zöllner sieht dennoch eine positive Entwicklung - und erntet von der Opposition prompt harsche Kritik.

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Berlins Lehrer werden immer häufiger Opfer von Gewalt und Beleidigungen. Dies offenbart die aktuelle Gewaltstatistik der Senatsverwaltung für Bildung. Demnach waren Pädagogen im Schuljahr 2006/07 über 440 Angriffen ausgeliefert, was einem Anstieg um 18 Prozent entspricht. Insgesamt stieg die Zahl der Gewaltvorfälle um zehn Prozent auf 1735 (Vorjahr: 1573). Zugenommen haben Bedrohungen und Beleidigungen, aber auch gefährliche Körperverletzungen und rechtsextremistische Taten. Die meisten Vorfälle ereigneten sich in Mitte, Neukölln und Friedrichshain-Kreuzberg, die wenigsten in Charlottenburg-Wilmersdorf. Besonders gestiegen ist die Schulgewalt in Neukölln, zurückgegangen ist sie in Lichtenberg. Mehr als die Hälfte aller Vorfälle ereigneten sich an Oberschulen. Nicht verändert hat sich der Anteil von Schülern nicht-deutscher Herkunft an den Gewalttaten. Wie schon im vergangenen Schuljahr betrug dieser 53 Prozent.

Die Opposition kritisierte, dass der Senat die Zahlen zu spät geliefert habe und sie zudem herunterspiele. Tatsächlich betonte Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD), dass die Zunahme der Meldungen „deutlich zurückgegangen“ sei. Schließlich habe sie in den Vorjahren jeweils zwischen 33 und 76 Prozent zugenommen und dieses Jahr nur um zehn Prozent. Insgesamt hob Zöllner hervor, dass es rechnerisch „im Durchschnitt 1,8 Gewaltvorfälle“ pro Schule gegeben habe. Allerdings erwähnte er auch, dass die Zahl der Taten, die der Polizei gemeldet wurden, wesentlich höher war als die der Schulverwaltung gemeldeten. So hat die Polizei 2262 Fälle registriert. Deshalb habe man erneut an die Meldepflicht erinnert, betonte Zöllner. Er lobte überdies, dass „Schulleitungen, Pädagoginnen und Pädagogen mehr Offenheit im Umgang mit Gewalttaten in den Schulen und deren Umfeld zeigen“. Überdies sei es gelungen, die Eltern wesentlich öfter einzubeziehen. Zu den Gewaltvorfällen gehören alle Delikte von Beleidigung und Mobbing bis hin zu Raub und Körperverletzung.

Der CDU-Bildungspolitiker Sascha Steuer bezeichnete es als „Gipfel der Absurdität“, dass Zöllner „eine Zunahme als Rückgang verkauft“. Er kritisierte insbesondere, dass immer mehr Schulpsychologen abgebaut wurden. Seit 1996 sei ihre Zahl um 40 Prozent zurückgegangen. Das bedeutet, dass nur ein Psychologe für 5000 Schüler zur Verfügung stehe. Özcan Mutlu (Grüne) beklagte, dass Zöllner die Zahlen erst präsentiert habe, nachdem er den Senator dazu aufgefordert habe.

Die Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Rosemarie Seggelke, sagte dem Tagesspiegel: „Es reicht nicht, wenn man jedes Jahr die Zunahme der Gewalttaten registriert und ein paar Anti-Gewalt-Projekte vorstellt. Solange die personelle Situation an den Schulen nicht besser wird, solange an Pädagogen, Erziehern, Schulsozialarbeitern und vor allem auch an Schulpsychologen gespart wird, kann sich nichts ändern.“

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