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Treffer. Als höchster Punkt Berlins zieht der Fernsehturm die Blitze an.

© David Heerde

Gewitter-Bilanz: Warum der Blitz so oft in den Fernsehturm einschlägt

Der Fernsehturm ist Berlins bester Blitzableiter – weil er den Wolken näher ist als seine Umgebung. Die gewaltige Energie muss von Technik und Besuchern im Inneren ferngehalten werden.

Von wegen, Berlin hat keinen Wolkenkratzer: Niemand erfüllt diese Funktion im Wortsinne so gut wie der Fernsehturm am Alexanderplatz. In den vergangenen Unwetternächten erwies er sich vor allem wieder als Gewitterwolkenkratzer: Mehrfach schlugen spektakuläre Blitze in die Spitze ein. Es hat dem Turm auch diesmal nicht geschadet, wie der durchweg funktionierende Empfang der Berliner UKW-Radiosender an den gewittrigen Tagen zeigte. Außerdem weiß nicht nur jeder Elektriker, sondern auch fast jedes Kind, dass Blitze besonders gern am höchsten Punkt einschlagen.

Diese Vorliebe resultiert aus der Kürze des Weges. Wie zwei Pole einer Batterie sind Gewitterwolke und Erdoberfläche elektrisch unterschiedlich geladen. Die Luft dazwischen isoliert zwar hervorragend, aber eben nicht unendlich. Wird der Ladungsunterschied zu groß, springt der Funke von der Wolke auf die Erde über – so, wie er manchmal zwischen Steckdose und Stecker oder zwischen Autobatterie und Starthilfekabel überspringt. Dort allerdings reicht es wegen der geringeren Spannungen nur für ein paar Mikrometer. Für den Gewitterblitz aber machen die 368 Meter „Abkürzung“ am Fernsehturm den entscheidenden Unterschied. Schließlich beginnen Gewitterwolken in unserer Region schon 500 bis 1200 Meter über dem Erdboden.

Meist trifft der Blitz direkt den Metallring an der Antennenspitze. Von dort sucht er sich den Weg des geringsten Widerstandes zur Erde – und der führt über einen klassischen Blitzableiter, also einen dicken Draht außen am Gebäude. „Selbst wenn der Blitz den Turm an einer anderen Stelle träfe, würde er sofort in den Blitzableiter übergehen“, sagt Georg von Wagner, Sprecher der Telekom als Eigentümerin des Turms. Die Anlage werde alle drei Jahre gewartet und schirme die empfindliche Technik im Turm gegen die Spannung ab. Und die Gebäudehülle funktioniere als Faraday’scher Käfig, der die Energie ohne Gefahr für die Menschen im Inneren ableite. Aus demselben Grund ist man auch im Auto sicher.

Nach Auskunft von Gerhard Lux vom Deutschen Wetterdienst (DWD) haben die Meteorologen allein bei dem Unwetter am Dienstag in und um Leipzig rund 10 000 Blitze registriert. In Berlin, wo dasselbe Gewittergebiet am späten Dienstagabend eintraf, dürften es ähnlich viele gewesen sein.

Das Meteorologische Institut der FU zählt für Berlin im langjährigen Mittel knapp 30 Gewittertage pro Jahr. Der Juni ist mit 6,4 solchen Tagen am gewitterträchtigsten; gefolgt von Juli, Mai und August. Am seltensten blitzt und donnert es mit statistisch 0,3 Tagen im Dezember.

Was dem Erdling verborgen bleibt, ist das ungeheure Brodeln in den bis zu zwölf Kilometer hohen Wolkentürmen: Durch Temperaturunterschiede entstehen bis zu 250 Stundenkilometer schnelle Auf- und Abwinde. Sie wirbeln Tröpfchen und Eisteilchen durcheinander – und laden die Blitzbatterie erst so richtig auf.

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