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Regen

© ddp

Gewitter in Berlin: Das Abwassernetz verschluckt sich

Ausnahmezustand bei der Feuerwehr. Der regenreichste Sommer seit 100 Jahren bringt Berlins Abwassersystem an seine Grenzen.

Um 5 Uhr 28 kamen die Anrufe: 500 Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr wurden aus dem Schlaf gerissen. Sie mussten den 500 hauptberuflichen Feuerwehrmännern helfen. Bis zum Morgen fuhren sie dann etwa 100 „wetterbedingte Einsätze“ – das waren die Auswirkungen des Unwetters. Das heftige Gewitter ist in der Nacht zu Freitag über weite Teile der Stadt gezogen. Am stärksten waren wie fast immer der Süden und Südwesten der Stadt betroffen: In 220 Minuten gingen in der Koenigsallee 43 Liter Regen pro Quadratmeter nieder. Das ist fast so viel wie in einem ganzen durchschnittlichen August sonst (55 Liter). Während in Wilmersdorf gestern wieder Autobahnen gesperrt werden mussten, fiel in Köpenick nur ein Liter Regen, in Reinickendorf und Spandau 14 bis 15. Der Südwesten sei besonders betroffen, weil aus dieser Richtung in der Regel feuchte Luftmassen heranströmen – trockenes Wetter kommt dagegen aus Norden oder Osten.

Der Sommer 2007 ist in Berlin der regenreichste seit 100 Jahren. In den Monaten Juni, Juli und August fielen 358 Liter, teilte Frank Abel vom Wetterdienst MC-Wetter mit – beim Gewitter am Nachmittag kamen weitere Liter dazu. Der Rekord lag bislang 1954 bei 350 Litern in diesen drei Monaten. Während es 2006 nur am 25. August einen Tag mit ähnlich gewaltigen Niederschlägen gab, sind es in diesem Sommer nun schon fünf.

Einer der größten Einsätze der Feuerwehr fand am Leipziger Platz in Mitte statt. Dort hatte das Wasser in einer Tiefgarage drei Aufzugsschächte zwei Stockwerke hoch gefüllt und eine Fläche von rund 1000 Quadratmetern überschwemmt. Die meisten anderen Einsätze gab es in Ein- und Mehrfamilienhäusern, wo Keller überschwemmt wurden. Die Schuld an überfluteten Kellern gibt Stephan Natz von den Wasserbetrieben „in 90 Prozent der Fälle“ defekten Rückschlagklappen in den Abflussrohren.

Das Abwassersystem Berlins ist nach Angaben der Wasserbetriebe ausreichend dimensioniert. Über den prognostizierten Klimawandel, bei dem in der Region seltenere, aber dafür umso heftigere Regenfälle erwartet werden, hat man sich bei den Wasserbetrieben wenig Gedanken gemacht. Berechnet wird das Abwassernetz nach dieser Norm: Es soll im Rückblick auf 30 Jahre den stärksten Regenguss eines Jahres verkraften – das bedeutet, dass es einen Superwolkenbruch, der statistisch nur alle fünf oder zehn Jahre auftritt, nicht schlucken muss. Das Kanalnetz auf diese Wassermengen auszulegen, sei nicht finanzierbar, sagte Natz.

Heute soll es übrigens nicht regnen.

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