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Berlin: Giftnotruf in Gefahr

Senat kürzt Zuschüsse für Beratungstelefon um mehr als die Hälfte

Der Giftnotruf Berlin kämpft ums Überleben. Der Senat hat dem größten deutschen Gifttelefon mehr als die Hälfte seines Zuschusses gestrichen. Ab 2003 erhält der Dienst nur noch 400 000 Euro statt wie bisher, eine Million. Die Folge: Drei der elf Stellen für Beratungsärzte fallen weg, davon zwei Kinderärzte. Häufig werden Kinder Opfer einer Vergiftung etwa durch Reinigungsmittel. Dann ist schneller Rat für Eltern unverzichtbar. Jährlich berät der Giftnotruf rund 50 000 besorgte Eltern, Klinikärzte und niedergelassene Mediziner. Werden die Einsparungen umgesetzt, seien nur noch 30 000 Beratungen möglich, sagt ein Insider.

Der überregional gute Ruf des Gifttelefons könnte jetzt zum Fluch werden. Denn von überallher in der Bundesrepublik kommen die Nachfragen, doch nur Berlin und zum kleinen Teil auch Brandenburg zahlen. „70 Prozent der Leistungen werden für Länder erbracht, die sich nicht an den Kosten beteiligen“, sagt Roswitha Steinbrenner, Sprecherin der Gesundheitsverwaltung. Deshalb strebt Gesundheitssenatorin Heidi KnakeWerner eine Fusion mit dem Notruf der Universität Göttingen an, den Hamburg, Bremen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein betreiben.

Außerdem soll der Giftnotruf mehr Geld einnehmen. So wurde diskutiert, ob Auskünfte generell nur per kostenpflichtiger 0190-Nummer gegeben werden. Doch dieser Vorschlag ist vom Tisch – jedenfalls für Anrufer aus Berlin und Brandenburg. „Damit würden wir diejenigen abschrecken, die schnell Hilfe benötigen“, sagt Steinbrenner. Der Leiter des Notrufs, Matthias Brockstedt, hat in den letzten Jahren einiges getan, um die Kasse zu füllen. 65 Kinderkliniken – das sind rund ein Viertel aller deutschen Kinderkliniken – zahlen bereits eine Pauschale von jährlich je 300 Euro an den Notdienst. Ebenso 85 internistische und psychiatrische Kliniken, die jeweils 550 Euro überweisen. Außerdem hat Brockstedt insgesamt 230 kleinere und große Firmen, wie VW, Daimler-Chrysler oder Elf ins Boot geholt, die über den Giftnotruf ihren gesetzlich geforderten Notdienst organisieren. Dafür entrichten sie im Jahr 200 000 Euro an Gebühren. I.B.

Giftnotruf: Telefon 19240 (Tag und Nacht)

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