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Falco Schulz ist einer von zwei männlichen Justizfachangestellten beim Amtsgericht Neukölln.

© Christina Spitzmüller

Girl's Day in Berlin: Wie sich Jungs in Frauenberufen fühlen

Heute ist nicht nur Girl's Day: Bundesweit können Jungs heute umgedreht typische Frauenberufe kennenlernen. Wir stellen drei Männer vor, die in Frauendomänen arbeiten.

Für Mädchen ist es schon eine altbekannte Sache: Seit 16 Jahren können sie beim bundesweiten Girls' Day männertypische Berufe kennenlernen. Rund 8000 Plätze werden ihnen in Berliner und Brandenburger Firmen angeboten. Die Jungs hinken etwas hinterher. Für sie wird in diesem Jahr erst zum sechsten Mal der Boys' Day organisiert, 1850 Plätze gibt es in der Region. Drei Beispiele von Männern in typischen Frauenberufen.

Der Justizfachangestellte

Er führt Protokoll bei mündlichen Verhandlungen, erledigt die Post, bearbeitet haufenweise Akten: Falco Schulz arbeitet seit 2012 als Justizfachangestellter in der Insolvenzabteilung des Amtsgerichts Neukölln. Und ist dabei allein unter Frauen: Außer ihm ist nur noch ein weiterer Mann als Justizfachangestellter beim Amtsgericht beschäftigt, in der Geschäftsstelle. Irgendwelche Probleme mit Frauen? Natürlich nicht. „Ich komme mit allen sehr gut aus“, sagt der 26-jährige. Und auch die Frauen haben kein Problem mit ihm: „Ich habe vielmehr den Eindruck, dass sie sich freuen, wenn mal ein Mann im Team ist.“

Nach dem Abitur war ihm klar, dass er nichts Handwerkliches machen wollte. Ein Bürojob sollte es sein, merkte Falco Schulz schon beim Schulpraktikum bei der AOK. Im Internet stieß er auf eine Ausbildungsstelle zum Justizfachangestellten und entschied sich spontan dafür. In seiner Ausbildungsklasse waren unter den 30 Azubis nur vier Männer. 14 Prozent Männeranteil bei den Auszubildenden Justizfachangestellten meldete das Bundesinstitut für Berufsbildung für das Jahr 2012. Und das, obwohl sich die Zahl der Männer seit 2004 im Schnitt um fast ein halbes Prozent pro Jahr erhöht hat. Komische Reaktionen gab es in Falco Schulzes Umfeld aber nicht: „Den meisten musste ich erklären, was das überhaupt für ein Beruf ist – da wusste keiner, dass er hauptsächlich von Frauen ausgeübt wird.“

Der Erzieher

Eigentlich hat Kevin Fiedler einen typischen Männerberuf gelernt: Er ist Verfahrensmechaniker für Kunststoff- und Kautschuktechnik. Nach der Ausbildung war ihm aber schon klar, dass er nicht sein ganzes Leben draußen auf der Baustelle verbringen wollte. Der 31-jährige ist heute Erzieher in einem Kreuzberger Kinderladen. „Ich glaube, immer mehr Männer haben Lust auf soziale Berufe“, sagt er. Und kann das aus seinem persönlichen Umfeld bestätigen. Er ist überwiegend mit Sozialarbeitern, Pflegern und anderen Männern in sozialen Berufen befreundet. „Da beweg ich mich so ein bisschen in einer Blase“, findet Kevin Fiedler - schließlich suche man sich Menschen, mit denen man sich austauschen kann.

Für mehr Vielfalt: Kevin Fiedler ist Erzieher in einem Kreuzberger Kinderladen.
Für mehr Vielfalt: Kevin Fiedler ist Erzieher in einem Kreuzberger Kinderladen.

© Christina Spitzmüller

In seinem Beruf ist er oft der einzige Mann. Im Kinderladen arbeitet er mit einer Kollegin zusammen, außerdem sind eine Auszubildende und eine FSJlerin im Kinderladen. Davor arbeitete er im Heim, wo er lange der einzige männliche Erzieher war. „Die Erzieherinnen sind aber in der Regel sehr emanzipiert, die Gleichstellung funktioniert gut“, weiß der Friedrichshainer. Trotzdem plädiert er für mehr Männer im Erzieherberuf, um die Vielfalt zu fördern. „Es ist gut für die Kinder, wenn sie nicht nur weibliche Bezugspersonen in den Tagesstätten haben, schließlich achten wir ja auch bei der Zusammensetzung der Kinder darauf, dass es ausgewogen ist“, erklärt Kevin Fiedler. Und die Zahlen dafür sehen gut aus: Schon etwa ein Fünftel der auszubildenden Erzieher sind männlich. Aber erst ab 40 Prozent männlicher Erzieher gilt der Beruf nicht mehr als frauendominiert. Es ist also noch Luft nach oben.

Der Friseur

„Ich wollte einen Job haben, mit dem ich auf der ganzen Welt arbeiten kann“, sagt Christian Holz vom Kreuzberger Friseurladen „Christian Y Manuel“. Mit der ganzen Welt hat’s nicht geklappt, aber für die Selbstständigkeit hat's gereicht. Seit 15 Jahren führt er den Laden am Mehringdamm mit einem Kollegen. Davor war er Dachdecker. Und hat gejobbt. Empfehlen würde er seinem jetzigen Beruf niemandem: „Da ist es egal, ob Frau oder Mann – als Friseur kannst du einfach kein Geld verdienen. Du brauchst schon Leidenschaft für den Job“, sagt der 38-jährige.

Er kann theoretisch auf der ganzen Welt arbeiten: Christian Holz ist Friseur.
Er kann theoretisch auf der ganzen Welt arbeiten: Christian Holz ist Friseur.

© Christian Holz

2015 waren nur zwölf Prozent der Auszubildenden männlich. Ob er für sich als Mann in diesem frauendominierten Beruf Vorteile sieht? „Ich denke schon. Alle lassen sich gerne von Männern die Haare schneiden, Salons sind froh, wenn sie männliche Friseure haben“, findet Christian Holz. Sein Theorie: Frauen lernen Friseur, wie Männer Maurer lernen – sie haben einfach keine bessere Idee. „Wenn du das aber als Mann machst, musst du erstmal durch die ganzen Schwulenklischees durch“, weiß der Kreuzberger. Das mache man nicht einfach so, da brauche es Passion. Bereut habe er seine Entscheidung, Friseur zu werden, noch nicht: „Ich habe nie das Gefühl, zur Arbeit zu gehen, so gerne mach ich das!“ 

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