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Der Vorsitzende der Alevitischen Gemeinde in Berlin, Halit Büyükgöl, und Arbeitssenatorin Dilek Kolat im März 2015 vor einem Wandbild des Heiligen Ali zum Newroz-Fest.

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Glauben in Berlin: Der erste alevitische Friedhof entsteht in Neukölln

An diesem Sonntag eröffnet der erste Aleviten-Friedhof in Hamburg, im Sommer soll Berlin folgen. Hier dürfen Tote auch ohne Sarg bestattet werden.

Berliner Aleviten bekommen bald einen eigenen Friedhof. In Hamburg eröffnet am heutigen Sonntag die erste alevitische Grabanlage. Das ist europaweit ein Novum. Im Sommer soll der zweite folgen: in Neukölln. Auf dem St. Thomas-Friedhof bekommt die Religionsgemeinde eine eigene Grabanlage.

Weltweit gibt es 20 Millionen Aleviten, 700.000 in Deutschland, 70.000 von ihnen leben in Berlin. Für die alevitische Religionsgemeinde, die in der Türkei unter der AKP-Regierung von Ministerpräsident Ahmet Davutoglu verfolgt wird, ist das eine kleine Sensation. „Es gibt zwar Gegenden der Türkei, in denen bekannt ist, dass dort Aleviten leben und auf den Friedhöfen begraben sind“, sagt Kadir Sahin, Generalsekretär der Alevitischen Gemeinde zu Berlin. „Explizit als alevitisch ausgewiesen oder benannt sind diese Friedhöfe jedoch nicht.“

Die Nachfrage ist groß. Seit Jahren bitten alevitische Mitglieder um eine Grabstätte in Berlin für ihre verstorbenen Verwandten. Seit 2012 arbeitet Sahin an dem Projekt, jetzt steht der Vertrag mit dem evangelischen Konsistorium. Der bürokratische Aufwand war groß.

Der Friedhof stärkt die Identität

Jetzt sei es erst mal wichtig, sich mit der architektonischen Planung der Gräberfelder zu befassen, sagt Sahin. Anders als bei sunnitischen Gräbern sollen die Köpfe der Verstorbenen nicht Richtung Mekka, sondern sich gegenseitig zugewandt sein. Sinnbild der pantheistischen Identität des Alevitentums. „Dadurch verschaffen wir uns explizit alevitische Identität“, sagt Sahin.

Außerdem soll ein Tor angebracht werden, konstruiert von einem italienischen Künstler, mit vier Säulen und den vierzig Pforten des alevitischen Glaubens. „Durch das Integrations-Partizipations-Gesetz ist es uns glücklicherweise auch erlaubt, unsere Toten ohne Sarg zu bestatten. Das ist sehr wichtig für uns naturverbundenen Aleviten“, sagt Sahin.

Kadir Sahin, Generalsekretär der Alevitischen Gemeinde zu Berlin
Kadir Sahin, Generalsekretär der Alevitischen Gemeinde zu Berlin

© privat

Aleviten in Berlin und in ganz Deutschland fühlen sich hier verwurzelt und wollen hier auch ihre Verwandten betrauern: „Die alevitische Gemeinde in Deutschland ist an sich keine Migrantenselbstorganisation mehr“, sagt Sahin. „Mehr als sechzig Prozent unserer Mitglieder sind deutsche Staatsbürger.“ Der Bau des alevitischen Friedhofs hat somit vor allem symbolischen Wert: „Für uns ist es wichtig, dass wir hier in der Gemeinschaft, in der wir leben, auch partizipieren und anerkannt werden. Der Friedhof ist wichtig, um zu zeigen, dass Aleviten Teil dieser Gesellschaft sind.“

Der Friedhof soll allen Religionen offen sein

Doch auch international könnte die eigene Grabstätte Wirkung zeigen, glaubt Sahin: „Das wird auch Ausstrahlungswirkung in die Türkei haben und Aleviten in der Türkei mobilisieren, die unter Druck der AKP-Regierung stehen.“

Träger des Friedhofes ist der Evangelische Friedhofsverband Stadtmitte; wer jedoch auf der 3000 Quadratmeter großen Fläche begraben wird, entscheidet die Gemeinde. Rund 500 Gräber werden dort ihren Platz finden, begraben werden dürfen nicht nur Menschen alevitischen Glaubens. Der Friedhof soll allen Religionen frei zugänglich sein, denn: „Ein Grab ist nicht nur etwas für die Verstorbenen, es ist vor allem etwas für die Hinterbliebenen“, sagt Sahin.

Die Gestaltung der Grabflächen soll Mitte Mai diesen Jahres erfolgen, ab Juni 2016 soll der alevitische Friedhof dann eröffnet werden.

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