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Berlin: Gleich und gleich ist noch immer nicht gleich

Seit 2001 gibt es die Homo-Ehe – die 4150 Paare in Berlin fühlen sich weiterhin benachteiligt

Es war eine rein romantische Entscheidung. Als Alexander Wippert mit seinem Freund zum Standesamt in Schöneberg fuhr, um die als „Eingetragene Lebenspartnerschaft“ bezeichnete Homo-Ehe einzugehen, wollten die beiden vor allem einen schönen Tag mit den Familien und ihren Freunden verbringen. So kam es auch, mit Küsschen, Ringetauschen und Reiswerfen. „Ein emotionaler Tag“, erinnert sich Wippert heute.

Ihm und seinem Mann ging es damals weniger darum, ihre Partnerschaft durch ein staatliches Siegel beglaubigen zu lassen. „Wir hatten ja schon vorher Verantwortung füreinander übernommen“, sagt er weiter. Folgerichtig werde es jetzt langsam Zeit, ihre Partnerschaft mit der traditionellen Ehe zwischen Mann und Frau völlig gleichzustellen: „Wenn schon, denn schon“, sagt Wippert.

Fünf Jahre ist die Eingetragene Lebenspartnerschaft heute alt, 4150 Paare haben sich in Berlin seither registrieren lassen. Im Standesamt Schöneberg schritten damals um Punkt neun Uhr das Frauenpaar Gudrun Pannier und Angelika Baldow ins Trauzimmer, begleitet von Polit-Prominenz der Grünen und Fernsehkameras aus Deutschland, Großbritannien und Spanien. Heute leben die beiden Frauen zurückgezogen. Es war nicht alles eitle Freude seitdem. 2002 zogen sie vor das Berliner Verwaltungsgericht, weil Gudrun nach dem Jawort im Standesamt zwar für den Lebensunterhalt ihrer an multipler Sklerose erkrankten Freundin aufkommen, aber trotzdem die ungünstige Steuerklasse behalten sollte.

Der Fall zeigt, dass die Gleichstellung mit der traditionellen Ehe noch nicht erreicht ist. Vor allem im Erbrecht, bei der Einkommenssteuer und vor allem beim Adoptionsrecht werden gleichgeschlechtliche Paare noch immer nicht so behandelt wie heterosexuelle Paare.

Dass es so nicht bleiben kann, fordern die Grünen im Abgeordnetenhaus. „So- lange es das Ehegatten-Splitting noch gibt, muss das auch für Homosexuelle gelten“, sagt Thomas Birk, homopolitischer Sprecher der Fraktion. Auch das volle Adoptionsrecht müsse es geben. Dagegen wendet sich die CDU. Ihr familienpolitischer Sprecher Sascha Steuer sagt, dies sei die einzige Frage, über die mit der CDU nicht zu reden sei: „Alle anderen Punkte sind wir bereit, mitzutragen.“ Dass sich gleichgeschlechtliche Paare beim Standesamt eintragen lassen, „gehört zur Normalität einer Stadt wie Berlin“. Das Protestgeschrei gegen die Homo-Ehe und die Ankündigungen, das Gesetz zurückzunehmen, sind für Steuer Schnee von gestern.

Nicht aber für den Lesben- und Schwulenverband (LSVD). Er verweist darauf, dass andere Länder inzwischen viel weiter sind und unterstützt eine Petition zur vollen Gleichstellung im Bundestag. Eingereicht hat sie Rudi Eifert aus Langenhagen bei Hannover. Dass in Sachen Homo- Ehe noch viel zu tun ist, zeigt ein Kommentar zur Petition auf den Internet-Seiten des Bundestags. Die Petition sei abzulehnen, heißt es da, sie „unterstützt die fortschreitende moralische Erosion“.

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