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Berlin: Gleiches Geld für Berliner Parlamentarier: Funktionszulagen nur für SPD-Fraktionschef Wowereit und seine Stellvertreter - Aber Gehalt für die Geschäftsführer

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, wonach Funktionszulagen zu den Diäten sehr eng zu begrenzen sind, bereitet dem Berliner Abgeordnetenhaus anders als den Landtagen anderer Bundesländer bisher kein Kopfzerbrechen. Im Halbtagsparlament des Stadtstaates Berlin gibt es keine "Diätenhierarchie".

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, wonach Funktionszulagen zu den Diäten sehr eng zu begrenzen sind, bereitet dem Berliner Abgeordnetenhaus anders als den Landtagen anderer Bundesländer bisher kein Kopfzerbrechen. Im Halbtagsparlament des Stadtstaates Berlin gibt es keine "Diätenhierarchie". Weder Ausschuss-Vorsitzende noch Arbeitskreisleiter bekommen ein Zubrot. "Da sind wir sehr puritanisch", sagt CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky. Er und sein SPD-Kollege Klaus Wowereit sehen keinen Anlass, an den Berliner Regelungen etwas zu ändern. Der Wissenschaftliche Parlamentsdienst will das Urteil vorsorglich prüfen, sobald es ihm vorliegt.

Nach dem Landesabgeordnetengesetz erhalten die Abgeordneten in Berlin Diäten von derzeit 5610 Mark zu versteuernde Entschädigung plus 1700 steuerfreie Aufwandspauschale monatlich. Der Parlamentspräsident erhält die doppelten Beträge, die drei Vizepräsidenten die anderthalbfachen. Das hält dem Verfassungsgericht stand. Abgeordnete mit Bezügen aus dem öffentlichen Dienst bekommen die halben Diäten. Nach dem Karlsruher Urteil könnten auch die Fraktionschefs Zulagen erhalten. Solche und andere Zulagen werden in Berlin aber seit eh und je auf dem Umweg über die Fraktionszuschüsse aus dem Parlamentsetat gezahlt. Dies ist seit 1994 eigens im Fraktionsgesetz geregelt. Eine Aufwandsentschädigung bekommt derzeit als einziger Fraktionschef Klaus Wowereit (SPD). Zuzüglich zu seinen halben Diäten und seiner Pension als früherer langjähriger Stadtrat hat er damit ein Einkommen wie ein Senator, gut 220 000 Mark im Jahr. Landowsky mit seinem hohen Einkommen als Bankdirektor verzichtet im Gegensatz zu seinen Vorgängern Heinrich Lummer, Eberhard Diepgen und Dankward Buwitt auf die Aufwandsentschädigung. Die PDS und die Grünen haben je zwei Fraktionschefs, die alle mit den einfachen Diäten zufrieden sein müssen.

Bei der SPD erhalten sogar die vier stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden eine kleine Aufwandsentschädigung von jeweils 500 Mark monatlich wegen erhöhten Zeitaufwandes und Repräsentationsaufgaben. Ob das die Verfassungsrichter billigen würden? Der Betrag ist laut Wowereit so gering, dass er nicht ins Gewicht falle.

Parlamentarische Fraktionsgeschäftsführer sind Abgeordnete. Sie haben bei der CDU und SPD zuzüglich Diäten ein Einkommen wie ein Staatssekretär. Die Grünen haben nur einen angestellten Fraktionsgeschäftsführer mit Gehalt; er hat kein Mandat. Der parlamentarische Fraktionsgeschäftsführer der PDS bekommt dagegen nur die einfachen Diäten; aber daneben hat die PDS einen angestellten "Fraktionsgeschäftsstellenleiter". Landowsky zahlt gleich drei Fraktionsgeschäftsführern mit Mandat 100 000 Mark im Jahr Aufwandsentschädigung aus den Fraktionszuschüssen, damit sie auf das Salär eines Staatssekretärs kommen. Der Vierte bekommt die Hälfte, weil er sich als Hauptausschuss-Mitglied ausschließlich um Haushaltsfragen kümmert. Die SPD hat nur eine parlamentarische Fraktionsgeschäftsführerin; auch sie kommt alles in allem auf das Einkommen eines Staatssekretärs.

Die Höhe der Fraktionszuschüsse ist unterschiedlich je nach Fraktionsstärke und Status. Der Grundbetrag liegt für jede Fraktion bei 939 804 Mark, der Pro-Kopf-Betrag bei 45 384 Mark, der Oppositionszuschlag bei immerhin 445 272 Mark. Somit erhält die CDU (75 Abgeordnete) pro Jahr 4,388 988 Millionen Mark, die SPD (42) 2,845 932 Millionen, die PDS 2,882 748 Millionen, die Grünen 2,201 988 Millionen Mark. Die Fraktionen gewichten ihre Ausgaben unterschiedlich. Die Zuschüsse dürfen laut Fraktionsgesetz "von den Fraktionen nur ihrer parlamentarischen Aufgaben eingesetzt werden". Sie müssen davon ihre Mitarbeiter, ihren Bürobedarf und Kosten für politische Aktivitäten bezahlen. Das Gesetz spricht von der "Unterhaltung der Fraktionsgeschäftsstellen" und ganz allgemein von "Aufwandsentschädigungen oder Entgelten für die bei ihnen tätigen Personen, auch soweit sie jeweils Mitglieder der Fraktionen sind". Den Nachweis über die Mittelverwendung müssen die Fraktionen beim Parlamentspräsidenten führen; der Rechnungshof hatte beim Punkt Mitarbeiter keine Beanstandungen.

Die Zulagen an parlamentarische Fraktionsgeschäftsführer hat der Jurist Hans-Herbert von Arnim von der Verwaltungshochschule Speyer als nicht vereinbar mit dem Karlsruher Urteil kritisiert. Das sei "rechtsirrig" und "absurd", kontert Landowsky. Dann dürfte es "ja nur noch Fraktionsgeschäftsführer ohne Mandat geben". Früher wurde sogar überlegt, dem Vorsitzenden des Hauptausschusses wegen der großen Arbeitsintensität eine Funktionszulage zu geben. Doch das verlief im Sande. Heute ist man froh darüber.

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