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Globale Erwärmung: Die heiße Phase: Berlin bereitet sich auf Klimawandel vor

Prognose: Bis 2050 wird es etwa 2,5 Grad wärmer. Der Senat erarbeitet einen Generalplan mit Konsequenzen.

Im Sommer brennt die Sonne wochenlang vom blauen Himmel, im Winter weht der milde Westwind immer neue Regenwolken über die Stadt, und weiße Weihnachten gibt’s nur noch in alten Fotoalben. So ungefähr entwickelt sich das Berliner Klima bis zum Jahr 2050, wenn die Experten des renommierten Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) richtig liegen. Am Mittwoch präsentierten der Wissenschaftler Hermann Lotze-Campen und die Stadtentwicklungsverwaltung eine Studie, die die Auswirkungen des Klimawandels für Berlin und das Umland beschreibt.

Die wohl wichtigste Zahl in dem Werk lautet: 2,5 Grad. Um diesen Wert dürfte die Temperatur im Jahresmittel steigen. Das ist mehr als die zwei Grad Anstieg, die im weltweiten Durchschnitt als gerade noch beherrschbar gelten. Und es ist dramatischer, als auf den ersten Blick zu vermuten wäre. Denn in langen Hitzeperioden heizen sich die ohnehin stets relativ warmen Innenstadtkieze noch stärker auf als die Außenbezirke und das Umland, weil die Gebäude nachts nur wenig abkühlen. Von einer „Einschränkung der Lebensqualität“ und „zusätzlichen gesundheitlichen Belastungen durch klimatisch bedingten Stress“ ist die Rede.

Verschärft wird das Problem durch die völlig neuen Perspektiven für den Wasserhaushalt: Zwar nimmt die Regenmenge übers Jahr wohl nur wenig ab, aber was im Winter zusätzlich herunterkommt, dürfte im Sommer ausbleiben. Und, noch wichtiger: In der wärmeren Luft verdunstet deutlich mehr, so dass der Wassernachschub zumindest in sommerlichen Trockenperioden bereits ab 2030 ausbleiben könnte. Dann werden die Berliner Gewässer zu Stauseen, die zwar nicht austrocknen, aber von wenig einladender Qualität sein werden. Um ihre Trinkwasservorräte muss sich die Stadt auf absehbare Zeit aber nicht sorgen.

Die Stadtentwicklungsverwaltung will auf die Prognose mit einem „Stadtentwicklungsplan Klima“ reagieren, der nach Auskunft von Staatssekretärin Maria Krautzberger ab jetzt erarbeitet wird und Anfang 2012 fertig sein soll. Darin wird es beispielsweise um „Kaltluftentstehungsgebiete“ wie das zurzeit unbebaute Tempelhofer Feld gehen, die den innerstädtischen „Hitzeinseln“ Abkühlung verschaffen sollen. Das funktioniert nur, wenn der Luftstrom nicht durch quer stehende Gebäuderiegel aufgehalten wird. Und Neubauten werden nicht mehr nur gegen Kälte, sondern auch gegen Hitze isoliert werden müssen – beispielsweise durch begrünte Dächer und schützende Fassaden. SPD-Umweltpolitiker Daniel Buchholz, der die Prognose ein „Alarmsignal“ nennt, will den Klimaplan mit „klaren Zieldefinitionen und Arbeitsaufträgen für alle Berliner Verwaltungen“ bestückt sehen.

Für Krautzberger bedeutet Planung in Zeiten des Klimawandels beispielsweise, dass die Areale der Flughäfen Tempelhof und Tegel nach der Schließung nicht komplett zugebaut werden dürfen. Beim sonstigen Grün gibt sich die Staatssekretärin weniger verbindlich: So sei ein Senatsprogramm zur Nachpflanzung Schatten spendender Straßenbäume nicht notwendig – Pflege und Nachpflanzungen seien Bezirkssache und müssten in deren Haushalten berücksichtigt werden.

Dabei wird es künftig auf jeden Flecken Grün ankommen. Klimaforscher Lotze-Campen rät, die Biotope möglichst gut zu vernetzen und den Wald aufmerksam zu pflegen. Denn von den zurzeit häufigsten Baumarten werde nur die Buche vom Klimawandel profitieren. Kiefern, Eichen und Birken würden zwar nicht aussterben, aber schlechter mit den trocken-heißen Sommern zurechtkommen. Und wenn sie ohnehin geschwächt sind, können sie auch leichter den voraussichtlich gehäuft auftretenden Unwettern zum Opfer fallen. Ob es stärker und öfter stürmen wird als bisher, ist unter Klimaforschern noch ungewiss. Aber dass Hitzewellen und Regengüsse künftig heftiger werden, gilt als sicher.

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