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Glosse: Kafkaeske Bustoiletten

Es ist der Albtraum für jeden Reisenden mit Magen-Darm-Problemen: Im Schienenersatzverkehr zwischen Berlin und Rostock wurden am Montag Busse ohne Toiletten eingesetzt. Das riecht nach Problemen - und großer Literatur.

Es gibt ja – Franz Kafka sei Dank – diverse Alltagssituationen, in denen man Trost in der Literatur findet. Wer sich auf einem Amt rettungslos verläuft, sagt kurz zu sich selbst: „Das ist ja kafkaesk.“ Und schon geht es besser.

Nun gibt es freilich auch Situationen, die zwar ähnlich angelegt sind, von Kafka jedoch nie beschrieben wurden. Aus nachvollziehbaren Gründen – zum Beispiel gab es zu Kafkas Zeit noch keinen Schienenersatzverkehr, weshalb ihm folgender Stoff entgangen ist: Herr K. isst in Berlin einen grünschimmernden Döner und besteigt wenig später einen Schienenersatzverkehrbus nach Rostock. Im Bus stellen sich Magenunstimmigkeiten ein – dort gibt es, wie es auf der Strecke am Montag tatsächlich der Fall war, aber keine Toiletten. Mit wachsender Verzweiflung irrt Herr K. herum, gefangen in den Zwängen seiner Existenz und denen des Fahrplans...

Eigentlich ist dieser Stoff zu gut, um ihn nicht heute noch im Kafka-Ton aufzuschreiben. Im Interesse einer lebendigen Schilderung müsste das Szenario dafür natürlich vorher vom Autor durchlebt werden. Dass die Bahn ab jetzt nur noch Busse mit Toilette einsetzen will: Für die Kunst ist das – mit Verlaub – kacke.

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