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Berlin: Goodbye, Grillwurst

Nur einen Tag währte die neue Saison der Imbissbude vom Brandenburger Tor, dann sagte das Gericht: So nicht!

Heidi Steenbock stehen die Tränen in den Augen. Nicht etwa, weil der Bratwurstdunst beißt, der ihr beim Würstchen-Wenden ins Gesicht steigt. Nein, sie kann nicht glauben, was die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts am späten Freitagnachmittag entschieden hat: Die Wurstbude am Brandenburger Tor muss weg. Gerade mal einen Tag hat die 54-Jährige hier gegrillt, „und nun bin ich wieder arbeitslos“. Ihr Kollege Thomas Winking, genannt „Winki“, teilt das gleiche Schicksal. „Und das, wo ich heute in meinen 32. Geburtstag hinein feiere“, sagt er. „Naja, dann trinke ich mir eben einen an und schlafe morgen getrost aus.“

Dabei lief alles rund bis zum Nachmittag. Mit viel Brimborium hatten die Wurstbuden-Besitzer Thomas Heeder und sein Kompagnon Curt Bösenberg am Morgen die Wiedereröffnung ihres Imbiss-Standes gefeiert. Bis zum Herbst hatte die Bude auf dem Pariser Platz gestanden, war nun neben die Westseite des Tores an der Ebertstraße gezogen. Mindestens 100 Bratwurstliebhaber reihten sich in die Schlange, um zu feiern. Zwei Stunden lang gab’s die Würste sogar gratis. Allerdings ließ sich Bausenator Peter Strieder (SPD), der die Genehmigung für den neuen Standort der Bude persönlich durchgesetzt hatte, nicht blicken.

Sicher war allerdings nicht, ob der Imbiss dort bleiben konnte. Während an der Würstchenbude gefeiert wurde, befasste sich das Verwaltungsgericht stundenlang mit einem Eilantrag verärgerter Nachbarn. So fürchtet beispielsweise Bernd Glashagen vom Souvenir- und Imbissladen in der Ebertstraße den Bratgeruch, der in sein Geschäft wabern könnte. „Mir stinkt das gewaltig!“ Einer der Hauseigentümer, von dem die Klage stammte, findet die Wurst am prominentesten Ort der Stadt schlicht „unmöglich“.

„Tja, wir stören hier für einige eben das Stadtbild“, sagt „Winki“ verzweifelt und nimmt einen langen Zug an seiner Zigarrette. Heidi Steenbock gibt derweil die Würstchen wieder kostenlos raus: Mitarbeiter des Straßen- und Grünflächenamtes und ein Polizeiwagen sind eingetroffen. Binnen zwei Stunden muss der Stand verschwunden sein.

„Unmöglich, so’ ne Entscheidung. Ob Touristen oder Berliner, alle die hier vorbei kommen, freuen sich doch, hier schnell mal ’ne Wurst zu essen. Das weiß man doch“, empört sich eine Frau aus Mariendorf und beißt nochmal kräftig rein. Aber das Gericht hat nun mal bei „summarischer Prüfung erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Sondernutzungserlaubnis“, wie es in der Begründung heißt.

Thomas Heeder und sein Kompagnon sind stinksauer, als sie davon hören. Bevor sie die Bude wegschaffen lassen, gehen sie noch einmal zu den Bezirksbeamten, die zwischenzeitlich im „Tucher“ beim Bier sitzen und abwarten, ob ihre Anordnung auch befolgt wird. „Wir müssen uns noch einmal in Ruhe zusammensetzen. Dann werden wir ihnen einen anderen Standort, wenn auch nicht in dieser Top-Lage, anbieten“, sagt einer der Beamten. Solange müssen die Buden-Besitzer den Grill nun kalt lassen. Immerhin: Die FDP hat in der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf einen alternativen Ort für die Bude angeregt: in Ku’damm-Nähe.

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