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Berlin: Gorki-Theater gehört der Sing-Akademie

Verwaltungsgericht: Chor ist Eigentümer des Grundstücks – und will ein „Haus der Chormusik“ einrichten

Nicht das Land, wie allgemein angenommen, sondern die Sing-Akademie zu Berlin ist die Eigentümerin des Grundstücks Am Festungsgraben, auf dem heute das Maxim-Gorki-Theater steht. Das entschied am Freitagnachmittag das Verwaltungsgericht Berlin. Anders als bislang offiziell angenommen, lassen sich in historischen Akten „keine eindeutigen Hinweise“ finden, dass die Chorgemeinschaft zu DDR-Zeiten enteignet wurde. Das Land Berlin wurde also nach der Wende irrtümlich als Eigentümer des Bodens angesehen, auf dem seit 1952 das Maxim-Gorki-Theater residiert. Jetzt steht es laut Verwaltungsgericht der Sing-Akademie zu, ihr Recht vor einem Zivilgericht durchzusetzen – was die Chorgemeinschaft auch machen will.

Der Richterspruch, der für alle Beteiligten überraschend kam, hat möglicherweise weitreichende kulturpolitische Konsequenzen. Die 1791 gegründete Chorgemeinschaft, die zuletzt in gemieteten Räumen probte, will den Bau zumindest teilweise selbst nutzen. So war im Vorfeld des Verfahrens von einem „Haus der Chormusik“ die Rede gewesen, das allen Sängervereinigungen offen stehen soll. Gleichzeitig hatte die Sing-Akademie immer wieder betont, nicht gegen das angesehene Gorki-Theater vorgehen zu wollen. „Wir wollen das Theater nicht hinausdrängen, sondern streben eine friedliche Koexistenz an“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Sing-Akademie, Georg Graf zu Castell-Castell, dem Tagesspiegel nach dem Urteil.

Die Sprecherin des Gorki-Theaters, Claudia Nola, kommentierte das Urteil mit den spontanen Worten: „Das ist ein Hammer.“ Eine Bedrohung für ihr Theater sehe sie allerdings nicht. Auch dessen Geschäftsführer Eberhard Wagner zeigte sich optimistisch, „dass wir unsere Arbeit fortführen können“. Zumindest mittelfristig werde das Urteil keine Auswirkungen auf den Spielbetrieb haben.

Die Sing-Akademie freut sich vor allem, jetzt eine stärkere Position gegenüber dem Senat zu haben, von dem man sich in der Vergangenheit zu wenig ernst genommen fühlte. „Wir wollen als Institution der bürgerlichen Kulturpflege respektiert werden“, sagt Georg Castell. „Das Land soll es mehr als seine Aufgabe sehen, die Sing-Akademie zu pflegen.“

In der Senatskulturverwaltung war am Freitagabend keine Bewertung des überraschenden Urteils zu erhalten.

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