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Berlin: „Gott soll es im Auge behalten“

Taborkirche in Wilhelmshagen feiert neues Gemeindezentrum

Der Besuch dieses Sonntagsgottesdienstes gestaltete sich zum Ausflug. Um 8 Uhr 47 war man dazu gestern an der Bushaltestelle Nordische Botschaften Richtung Südosten aufgebrochen – kurz nach 10 Uhr fand man mit Mühe und Not noch ein freies Plätzchen in der evangelischen Taborkirche. Die bestimmt seit dem 9. April 1911 die Mitte von Wilhelmshagen, das wie Hessenwinkel und Rahnsdorf zu Treptow-Köpenick gehört. Die hektische Großstadt scheint hier Welten entfernt – kleine und große, alte und neue Einfamilienhäuser entlang der sternförmig auf die Kirche zulaufenden Straßen demonstrieren bürgerliche Zufriedenheit und Idylle.

Eine menschenleere Idylle – scheinbar waren alle dem Ruf der Glocken gefolgt, die gestern besonders lange läuteten –, Wilhelmshagen hatte etwas zu feiern: das neue Gemeindezentrum der Taborkirche. „Eine Vision“ nannte es Wolfgang Huber in seiner Predigt, die der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg gestern zum Eröffnungs-Festgottesdienst hielt. Im vergangenen Juni war der Grundstein dafür in der Eichbergstraße 18 gelegt worden – etwa eine Viertel Million Euro investierte die Gemeinde in ihren Glauben an Gott und das Vertrauen in die Zukunft.

„Das Wort sucht sich ein Zuhause in der Welt“, sagte der Bischof. Ein Freiraum mit offener Tür müsse die christliche Gemeinschaft für all diejenigen sein, denen man keinen eigenen Raum gewähre, wie Obdachlose und Asylanten. Das Gemeindehaus nannte er einen Ort, in dem die zusammenkommen, die Gott vertrauen und nach ihm suchen. Und er hoffe, dass das Haus in Wilhelmshagen die Neugier wecke und viele Menschen sich darin heimisch fühlen. Mit dem neuen Bau sei die Gemeinde ihrer Vision näher, aber noch nicht am Ziel. Damit bezog sich der Bischof nicht nur auf den Weg zu Gott, sondern auch auf dessen irdisches Zuhause – die baulich pflegebedürftige Taborkirche. In der wurde gestern sonst aber nicht gejammert, sondern gejubelt. „Tut mir auf die schöne Pforte, führt in Gottes Haus mich ein, ach wie wird an diesem Orte meine Seele fröhlich sein“, sangen alle aus vollem Herzen, kräftig unterstützt vom Posaunen- und vom Kirchenchor , zwischen denen Kantor Johannes Raudszun dirigierend alle Hände voll zu tun hatte.

Die Kirchenglocken der Taborkirche begleiteten den langen Zug der Gottesdienstbesucher, die hinter Pastorin Claudia Scheufele und Bischof Wolfgang Huber zum neuen Gemeindezentrum in der Eichbergstraße 18 pilgerten. „Gott soll es im Auge behalten und darauf aufpassen“, hatte zuvor in der Kirche ein Jugendlicher zum neuen Haus gesagt. Das wurde gesegnet und nochmals mit vielen guten Worten bedacht. Und dann mit einem fröhlichen Imbiss Gott endlich auch leiblich gefeiert.

Heidemarie Mazuhn

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