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Berlin: Gottes Strampelanzug

Das Hard Rock Café zeigt eine kleine Ausstellung mit Bühnenkostümen großer Rockstars.

Schon ein einziger genauer Blick reicht aus, um große Illusionen zu zerstören. Freddie Mercury, den Gott des Bombast- Rocks, kennen wir nur von Hochglanzfotos – sollte er bei seinen Auftritten wirklich diesen kleinen, schwarz-weiß gestreiften Strampelanzug mit den ausgeleierten Nähten getragen haben? Diese schluffige braune Lederjacke – ist das wirklich das Stück, das an John Lennon auf dem Cover von „Rubber Soul“ so unbegreiflich cool wirkte? Und dann dieses putzig barocke Spaßkostüm, in dem Elton John wie eine Mozartkugel aussah – wie doof ist das denn?

Doch all diese Teile sind offenbar echt. Die Leute vom „Hard Rock Café“, das inzwischen 181 Niederlassungen in 58 Ländern besitzt, pflegen den Kult um die Rock-Devotionalien mit Inbrunst, nennen ihre Sammlung eine der bedeutendsten weltweit. Immer hängen in jedem Café irgendwelche Stücke daraus, überwiegend Gitarren. Die Bühnenkostüme dagegen werden eigens auf Tournee geschickt. Erste Station einer Kollektion von 20 kostbaren Stücken ist Berlin: Hier ist sie jetzt bis zum 1. März zu sehen.

Eine Jacke ist so berühmt, dass die Pressemappe sie als ein „unvergleichliches Kultobjekt“ rühmt: „Von allen Kleidungsstücken aus unserer Sammlung sticht sie als herausragendstes Stück Popkultur besonders hervor“. Es handelt sich, immerhin, um jene rote, mit mehr als 20 Reißverschlüssen bestückte Lederjacke, die Michael Jackson im „Beat It“-Video trug.

Zur Ikonographie der Rockmusik gehört auch das spitzbusige goldene Korsett von Jean-Paul Gaultier, das Madonna auf ihrer „Blonde Ambition“-Tournee 1990 trug; weniger bekannt ist der stilisierte Rhinestone-Cowboy-Anzug, mit dem sie zehn Jahre später für das Album „Music“ posierte. Die meisten gereiften Fans von Hard & Heavy werden sich an den seltsam höllischen Anzug mit Schulterringen erinnern, den Kiss-Gitarrist Ace Frehley 1975 auf der „Alive!“-Tournee trug. Der Brandfleck auf dem rechten Oberschenkel ist laut Kurator Jeff Nolan das Ergebnis einer effektvoll, aber nicht ganz kontrolliert abgefackelten „Smoking Guitar“. Zwei Stücke von Elvis Presley sind dabei: Der weltbekannte cremefarbene Overall, den er um 1970 bei Auftritten in Las Vegas trug, und, eher bescheiden, eine Denim-Gefängnisjacke aus dem Film „Jailhouse Rock“.

Die besten Stücke leben davon, dass sie auf den ersten Blick Bilder in Erinnerung rufen. Andere erschließen sich erst durch die Erklärung: Der lila Samtanzug, Carnaby Street 1966, gewinnt seine Magie durch das Wissen, dass er von Jimi Hendrix getragen wurde. Das schwarzbraune Leder-Outfit wird Extrem-Kenner an John Entwistle auf dem Cover von „Who’s next“ (1971) erinnern und daran, dass die vier Rockhelden darauf gerade einen Beton–Monolithen angepinkelt haben. Eine Lederjacke von Sid Vicious, der schulbubenhafte Knickerbocker-Anzug von AC/DCs Angus Young...

Neuere Stücke der Ausstellung erinnern an Shakira, Brandon Flowers von den „Killers“, Katy Perry und Lady Gaga, und ergänzt wird die Präsentation durch Erinnerungsstücke anderer Art wie Madonnas High-School-Jahrbuch. Und die Dauerausstellung stiftet Verbindungen etwa mit einer braven Höfner-Gitarre aus der Frühzeit von Jimi Hendrix’ Karriere. Bernd Matthies

Hard Rock Café, Kurfürstendamm 224, Charlottenburg, bis zum 1. März täglich 12-24 Uhr. Der Eintritt ist frei.

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