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Pfarrer Ulrich Barniske (li) und Peter Laborenz (re.) von der Bethlehemsgemeinde.

© Ariane Bemmer

Gottesdienst im böhmischen Rixdorf: "Das Leben in seiner Vielfalt buchstabieren"

Wer glaubt, kann auch tolerieren: Gottesdienst im böhmischen Rixdorf.

Wenn Häuser reden könnten, dieses hier wäre ein interessanter Gesprächspartner: das Gemeindehaus der evangelisch-reformierten Bethlehemsgemeinde in der Richardstraße 97 in Neukölln-Rixdorf. Neu errichtet 1835, nachdem sein Vorgänger baufällig geworden war, von jenen vielen Flüchtlingen, die 1747 aus dem rekatholisierten Böhmen flohen, wo sie als Andersgläubige verfolgt wurden und für ihr Überleben konvertieren mussten – was im letzten Teil ein Satz aus den Nachrichten von heute sein könnte. Das Haus könnte aus eigener Anschauung erzählen von der Parallelwelt, in denen die Böhmen am Rand von Berlin zunächst lebten, und den oft knirschenden Integrationsschritten, dem zögerlichen sprachlichen Annähern an die neue Umgebung, und wie dann die Veränderungen auf beiden Seiten ein neues Gemeinsames schufen.

Aber so wie das Haus schweigt, will auch Pfarrer Ulrich Barniske, weit gereist und mit frischen Eindrücken von einer Ukraine-Reise im Gedächtnis, nicht über äußere Lagen und aktuelle Situationen sprechen, sondern über Grundlegendes. In der Ukraine habe er gerade gesehen, dass Krieg nicht nur eine Bedrohung für das Leben sei, sondern auch für den Glauben, sagte Barniske den rund 15 meist älteren Gemeindemitgliedern, die im behaglichen Gemeinderaum versammelt waren.

Die Predigt orientierte sich am Korintherbrief

Er stand dabei auf einem kleinen Podest hinter einem schlichten Altar und vor einer kreuzlosen Wand, weil die reformierte Gemeinde das zweite Gebot des Bildnis- und Gleichnisverbots eng auslegt. Mit Verve appellierte der bereits verrentete Pfarrer bei seinem Gastauftritt, den Glauben nicht nur für sich zu leben, sondern ihn in der Sprache unserer Zeit zu verkündigen, „zu bezeugen, wie Gottes Liebe in unserem Leben wirkt“.

Die Predigt orientierte sich am Korintherbrief des Apostel Paulus und dessen Schwierigkeiten beim Verkündigen, die Barniske in ihrer Nachvollziehbarkeit „sehr sympathisch“ nannte. Paulus wisse, wie schnell es mit den Überzeugungen vorbei sein könne. Aber um die gehe es: „Wer stark ist im eigenen Glauben, kann getrost das Leben in seiner Vielfalt buchstabieren“, sagte Barniske und fügte an, dass er wohl nicht auszuführen brauche, dass das auch heute gelte, in der Zeit der Flüchtlingsströme.

Stattdessen führte er zurück in die Geschichte der Gemeinde, also der böhmischen Reformation, die sich unter Jan Hus lange vor Luther an der Abgehobenheit der Kirche abgearbeitet hatte, was den sein Leben kostete. Wie es danach im Gebet von Barniske hieß: Es sei wenig Frieden und Gerechtigkeit auf der Welt, „dafür tragen wir die Verantwortung“.

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