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Berlin: Gratis-Kita – Jugendverwaltung ist dagegen Behörde widerspricht Gesundheitsstaatssekretär: Gebühren schrecken türkische Eltern nicht ab

Für die Senatsverwaltung für Jugend ist die Befreiung sozial Schwacher von den Kita-Gebühren zurzeit kein Thema. Anders als Gesundheits-Staatssekretär Hermann Schulte-Sasse glaubt Jugendsenator Klaus Böger (SPD) nicht, dass es die Kita-Gebühren sind, die insbesondere türkische Eltern davon abhalten, ihre noch nicht schulpflichtigen Kinder aus dem Haus zu geben.

Für die Senatsverwaltung für Jugend ist die Befreiung sozial Schwacher von den Kita-Gebühren zurzeit kein Thema. Anders als Gesundheits-Staatssekretär Hermann Schulte-Sasse glaubt Jugendsenator Klaus Böger (SPD) nicht, dass es die Kita-Gebühren sind, die insbesondere türkische Eltern davon abhalten, ihre noch nicht schulpflichtigen Kinder aus dem Haus zu geben. Die Frage steht wieder auf der Tagesordnung, da die Gesundheitsverwaltung am Donnerstag einen Bericht vorgelegt hat, wonach 50 Prozent der türkischen Kinder bei der Einschulung schlecht Deutsch sprechen, obwohl sie hier geboren sind.

Die Jugendverwaltung sieht das Problem nicht bei den Kindern, die zu Hause bleiben: „Die meisten besuchen vorschulische Einrichtungen“, sagte Sprecher Thomas John. Dass bei den Übrigen die Eltern durch die Beiträge abgeschreckt werden, glaubt John nicht. Um diese Eltern zu erreichen, bleibe nichts weiter übrig, als zu appellieren und sie zu überzeugen. Und zwar nicht nur davon, dass sie ihre Kinder in die Tagesstätten schicken, sondern auch, dass sie zu Hause mehr Deutsch sprechen. Für Mütter gebe es Angebote, Deutschkurse zu besuchen, während die Kinder in Kita oder Schule sind. Außerdem habe die Schulverwaltung zum Beispiel zweisprachige Briefe an alle türkischen Familien geschickt, in denen auf die Bedeutung des Spracherwerbs für die berufliche Zukunft hingewiesen wurde, sagte John.

Nach wie vor betrachten offenbar viele türkische Familien den Kita-Besuch als Luxus: Wieso die Gebühren bezahlen, wenn die Mutter ohnehin zu Hause ist und sich um die Kinder kümmern kann? Nicht zuletzt deshalb wird seit langem auch von türkischen Verbänden gefordert, sozial Schwache von der Kitagebühr zu befreien. Özcan Mutlu, bildungspolitischer Sprecher der Bündnisgrünen, erinnert daran, dass gerade unter Migranten der Anteil an sozial Schwachen und Kinderreichen hoch sei. Deshalb sei für viele schon der Mindestbeitrag eine Abschreckung und müsse gesenkt werden. Eine Befreiung ausschließlich von Familien nichtdeutscher Herkunft ist rechtlich – und wohl auch politisch – aber nicht realisierbar. Zumal auch viele deutsche Kinder ihre Muttersprache nicht gut beherrschen, weil sie in extrem „bildungsfernen“ Elternhäusern aufwachsen. Auch diese Kinder benötigen den Kitabesuch dringend.

Wenn ausländische Kinder zu Hause bleiben, dann wirkt sich das laut der Untersuchung der Gesundheitsverwaltung verheerend auf die Deutschkenntnisse aus. Demnach sprechen von den zu Hause betreuten türkischen Kindern bei der Einschulung 60 Prozent schlecht Deutsch; unter denen, die eine Kita besuchten, sind es nur 18 Prozent. Allerdings liegt auch in den Kitas einiges im Argen, denn gut und akzentfrei sprechen selbst nach dem Kitabesuch nur 55 Prozent Deutsch. Hier setzt Senator Böger an, indem er die Fortbildungsplätze für Erzieherinnen verdoppelte. Maßstäbe für das, was Kinder unterschiedlicher Altersstufen können müssen, werden demnächst festgelegt. Grundsätzlich soll Sprachförderung früher beginnen, nicht erst kurz vor der Schule.

Höchst umstritten ist die Absicht der Koalition, die Vorklassen an den Schulen abzuschaffen. Denn dieses kostenlose Angebot nutzen gerade jene türkische Eltern gern, die die kostenpflichtige Kita meiden.

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