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Berlin: Gratiskonzert wird für Polizisten teuer

Beamte strafversetzt, weil sie Freikarten annahmen

Die Eintrittskarten-Affäre bei der Polizei ist weit größer, als bislang bekannt. Nach Informationen des Tagesspiegels soll der 57-jährige Hauptbeschuldigte, Hartmut H., nicht nur Freikarten angenommen haben, sondern auch Kulturveranstalter unter Druck gesetzt haben, um an Gratistickets zu kommen. Hartmut H. arbeitet beim Polizeiabschnitt 32 als „Sachbearbeiter Straßenverkehr“. Wie berichtet, hatte die Polizei am Donnerstag vergangener Woche mitgeteilt, dass gegen ihn ein „Verbot der Amtsausübung“ verhängt worden sei – eine der schärfsten Maßnahmen bei laufenden Ermittlungen.

Aufgedeckt wurde der Skandal im Sommer 2005 beim letzten Classic-Open- Air-Konzert. Der Beamte vom nahe gelegenen Abschnitt 32 soll bei den Konzert-Managern erschienen sein und mitgeteilt haben, dass er zwar schon zwei Karten habe, er aber sechs benötige und zudem Zugangsberechtigung zum VIP-Zelt für die Prominenten. Dies lehnten die Manager ab und dachte sich nichts weiter dabei – bis einen Tag später ein Fax einging. In diesem Fax soll Hartmut H. mitgeteilt haben, dass die Parkverbotsschilder in diesem Jahr verkehrt aufgestellt worden seien, Hartmut H. drohte deshalb mit einem Bußgeld.

Daraufhin informierten die Klassik-Veranstalter die Leitung des Abschnitts 32. Wie Augenzeugen berichteten, haben sich die leitenden Beamten sofort entschuldigt. Derzeit prüft die Staatsanwaltschaft nach Angaben eines Sprechers, ob auch gegen die Nutznießer der Eintrittskarten Ermittlungen wegen Vorteilsannahme eingeleitet werden. „Das kann noch dauern“, hieß es bei der Justiz. Die Polizei hat, wie berichtet, schnell gehandelt und drei hochrangige Polizeiführer der Direktion 3 am Montag auf neue Posten strafversetzt „aus dienstlichen Gründen“.

Die beiden leitenden Polizeidirektoren und der Polizeidirektor sollen von dem 57-Jährigen Karten bekommen haben. Bei einem der drei versetzten Polizeiführer handelt es sich um einen früheren Chef des Abschnitts 32. Man erwartet, dass es noch weitere Versetzungen geben wird, denn nach Polizeiangaben soll der Verdächtige über 200 Freitickets verteilt haben, von Classic Open Air, anderen Freiluftveranstaltungen aber auch Konzerthäusern. Bei der Durchsuchung seiner Diensträume und seiner Wohnung fand man eine Liste der Abnehmer.

Bei der Polizei ist das Entsetzen groß. Bei einem klassischen Konzert sei kein dienstlicher Bezug zu erkennen, sagte eine leitende Beamtin. Bei anderen Dienststellen hieß es, dass auch Präsentkörbe zu Weihnachten zurückgeschickt würden. Polizeipräsident Dieter Glietsch ließ verlauten, dass jeder Fehltritt streng verfolgt werde.

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