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Einst war der Grieche um die Ecke die Heimat intellektueller Diskussionen. Heute locken oft eher einfache Gyros-Stände.

© Thilo Rückeis

Griechische Kneipen in Berlin: Mehr als Gyros und Souvlaki

Den Wandel der Stadt und der Geschmäcker spüren auch griechische Lokale. Doch mit guten Speisen und Weinen behaupten sie sich gegen die Konkurrenz.

Griechischer Wein war so wie das Blut der Erde, und der kleine Grieche nebenan ein unerschöpflicher Ort engagierter, oft hochintellektueller Diskussionen. Kein Wunder, dass auch in der TV-Lindenstraße das „Akropolis“ von Wirt Panaiotis Sarikakis, gespielt von Kostas Papanastasiou, zum Dreh- und Angelpunkt vieler Geschichten wurde. Die große Blütezeit griechischer Restaurants liegt schon – wie die Lindenstraße-Premiere – ein beträchtliches Weilchen zurück.

So manche Institution in Berlin, wie etwa das Charlottenburger „Ano Kato“ des verstorbenen, aber unvergessenen Simos Stifidis waren der Tatsache zu verdanken, dass die Diktatur in Griechenland in den frühen 70er Jahren viele Intellektuelle in die Flucht schlug, die sich dann mit der Küche ihrer Heimat anderswo eine neue Existenz schufen.

Im Moment triumphiert die asiatische Küche

In den frühen Jahren reichte es, einen harzigen Retsina zu einem schönen Berg Gyros mit Tzatziki zu servieren. Aber die Stadt und die Geschmäcker sind in ständigem Wandel. So stiegen die südamerikanische und mexikanische Küche irgendwann auf. Bis auch dieser Stern verblasste. Im Moment feiert die asiatische Küche in allen Ausprägungen und auf vielen Ebenen Triumphe. Zwischen den Sterne-Kreationen von Tim Raue und den touristischen Abfütterungsstellen in Friedrichshain gibt es sie in vielen Qualitäten und Preisklassen.

Die jungen Berliner mit vietnamesischen Wurzeln zeigen sich in der kulinarischen Szene deutlich kreativer und erfolgreicher als etwa ihre türkischen Altersgenossen, obwohl die zahlenmäßig sogar überlegen sind. Auch die koreanische Küche präsentiert sich derzeit in großer Vielfalt.

Gute Griechen sind gleichwohl immer noch gut besucht, weiß auch der Charlottenburger Wein- und Delikatessenhändler Christos Tziolis. Zu seinen Kunden gehören einige der Stars der Szene, das Prominenten-Lokal „Cassambalis“ in der Grolmanstraße ebenso wie die Schöneberger Truppe vom „Ousia“ oder das „Pratirio“ mit seiner Magnetwirkung für Touristen in der Savignyplatz-Gegend. Die Euro-Krise um Griechenland hat ihn selber zeitweise gestresst, sagt Tziolis, aber nach seiner Beobachtung langfristig keinen Effekt gehabt auf den Berliner Appetit auf Griechisches.

„Mit Gyros und Souvlaki allein bekommt man die Leute nicht.“

Als täglich über die Griechenland- Krise berichtet wurde, seien auch kritische Fragen von Kunden gekommen, sagt der Händler. Da habe er aber auch gemerkt, dass so mancher wenig über sein Heimatland wusste. Längst hat sich das aber wieder gelegt. Wer griechischen Wein trinkt, denkt nicht mehr zuerst an Eurokrise. Natürlich fragen die Stammkunden, wie es läuft in Griechenland.

„Man muss sich heute einfach mehr einfallen lassen“, diagnoistiziert Tziolis. „Mit Gyros und Souvlaki allein bekommt man die Leute nicht.“ Wer aber die ganze Vielfalt der Vorspeisen präsentiert und vor allem gute Weine ausschenkt, hat nach seiner Beobachtung keine Probleme. Auch beim Retsina gibt es große Unterschiede, die vom aufgeklärten Publikum selbstverständlich erkannt werden. Neben feinen Olivenölen, Fetavarianten von kleinen Erzeugern und edlen Marmeladen, verkauft Tziolis rund 240 Weine. Wirte, die solche Angebote ausschöpfen, müssen sich auch heute keine Sorgen machen.

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