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Liebling Ludwigkirchplatz: Designerin Anna von Griesheim lebt und arbeitet in Wilmersdorf.

© Thilo Rückeis

Griesheims Wilmersdorf: Immer schicker

Es begann mit einem kleinen Laden, düster und mit Holz verkleidet. Heute zählt Angela Merkel zu den Kundinnen. Designerin Anna von Griesheim ließ sich in Wilmersdorf nieder.

Es war Liebe auf den ersten Blick, und an dem Gefühl hat sich bis heute nichts geändert. Vor 22 Jahren kam Anna von Griesheim nach Berlin und zog nach Friedenau, in die Studentenwohnung ihres Lebensgefährten Andreas Marx, mit dem sie noch heute zusammen ist. Der führte sie kurze Zeit später nach Wilmersdorf aus, das Paar ging ins Kino am Ludwigkirchplatz, anschließend in ein Lokal um die Ecke. Es war das erste Mal, dass Anna von Griesheim die Gegend bewusst wahrnahm. Die tollen Altbauten aus der Gründerzeit! Die vielen Menschen auf den Straßen! Die lebendige Atmosphäre! Nach diesem Abend stand für sie fest: „Hier möchte ich gern wohnen und arbeiten.“

Es sollte noch zwei Jahre dauern, bis sie sich in Wilmersdorf niederließ. Die Modedesignerin stand damals noch am Anfang ihrer Karriere, die Suche nach passenden Verkaufsräumen für ihre eleganten Abendkleider war schwierig, denn hohe Mieten konnte sie sich noch nicht leisten. Schließlich stieß sie auf einen leer stehenden Laden in der Pariser Straße 44. Von außen war er mit Holz verkleidet, innen waren die Decken abgehängt, der Raum wirkte düster und klein. All das hielt Anna von Griesheim nicht ab. Sie unterschrieb den Mietvertrag und machte sich sofort an die Arbeit, riss die eingezogene Decke ein, entfernte die äußere Holzvertäfelung – und eröffnete schließlich ihren eigenen Salon.

Im Rückblick bezeichnet Anna von Griesheim ihre Anfänge als „naive Geschichte“. Wobei „naiv“ wohl eher unbekümmert heißen soll. Beflügelt wurde die Modemacherin in ihrem Tun auch durch die Reaktionen der Nachbarn. Die beobachteten das Engagement der gebürtigen Münchnerin mit Wohlwollen und Begeisterung. Die Resonanz sei vom ersten Tag an positiv gewesen, erzählt Anna von Griesheim. „Die Wilmersdorfer sind sehr offen für alles Neue, das kann man ihnen zugute halten.“

Lesen Sie auf Seite 2, warum sich Anna von Griesheim gegen einen zweiten Laden in Prenzlauer Berg entschied.

Inzwischen wurde das Erdgeschossgeschäft mit der sechs Meter hohen Decke um ein Atelier im ersten Stock des Hauses erweitert. In fünf Räumen arbeiten die neun Mitarbeiter an der Kollektion, viele von ihnen sind seit der ersten Stunde dabei. Die Atmosphäre ist familiär, „wir lachen viel, zum Glück hat sich noch niemand beschwert.“ Vielleicht auch, weil Anna von Griesheim zur Entwicklung des Standortes beiträgt. Im vergangenen Jahr eröffnete sie in der Emser Straße die Galerie „Private Aspects“, in der gerade Arbeiten des französischen Modeillustrators René Gruau gezeigt werden.

Vor drei Jahren bezog die Designerin ein Dachgeschoss gleich um die Ecke. Von ihrer Terrasse aus hat sie einen sensationellen Blick über den Kiez, das Glockenläuten der Ludwigkirche weckt sie morgens. Dass ihre Wohnung in unmittelbarer Nähe zum Atelier liegt, empfindet die 45-Jährige als großes Glück. Noch vor einigen Jahren hatte sie über ein zweites Standbein im Ostteil der Stadt nachgedacht, in Mitte etwa, wo inzwischen viele ihrer prominenten Kunden wohnen. Aber ein zusätzlicher Laden hätte ihre Präsenz vor Ort verlangt, zumindest gelegentlich.

Am Ende entschied sich von Griesheim dagegen. „Es hätte zur Folge gehabt, dass ich ständig hätte hin- und herfahren müssen – das hätte mein Leben nur verkompliziert und mir viel Zeit geraubt.“ Hinzu kam, dass viele ihrer Freunde, die zwischenzeitlich nach Prenzlauer Berg gezogen waren, wieder nach Wilmersdorf zurückgekehrt sind. „Vielleicht auch, weil es hier ein klein wenig grüner ist“, sagt Anna von Griesheim, die selbst gern morgens im Volkspark Wilmersdorf joggen geht.

Was sich im Laufe der letzten Jahrzehnte im Bezirk geändert hat? Anna von Griesheim überlegt einen Moment. „Wilmersdorf ist schicker geworden, im besten Sinne.“ Einen Teil dazu hat die Modedesignerin, zu deren Kunden Angela Merkel und Franziska von Almsick gehören, mit Sicherheit selbst beigetragen.

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