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Berlin: Große Koalition gegen den rot-roten Landeshaushalt

Die Oppositionsparteien CDU, FDP und Grüne haben sich auf eine gemeinsame Verfassungsklage geeinigt

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

CDU, FDP und Grüne haben sich am Montag auf die Klageschrift geeinigt, mit der sie gegen den Landeshaushalt 2002/03 vor das Verfassungsgericht ziehen wollen. Dies wird in den nächsten Tagen geschehen. Mit dem Normenkontrollverfahren soll der Senat gezwungen werden, bald wieder einen verfassungskonformen Etat vorzulegen. Ziel sei es nicht, den laufenden Haushaltsplan zu kippen, betonen die Oppositionsparteien. Ob das Gericht noch in diesem Jahr ein Urteil fällt, ist offen.

Prozessbevollmächtigter ist Michael Kloepfer, Rechtswissenschaftler an der Humboldt-Universität, der die Klage voraussichtlich Anfang nächster Woche einreichen wird. Er hatte bereits im Juni in einem Gutachten festgestellt, dass der Doppelhaushalt der SPD/PDS-Koalition „materiell verfassungswidrig“ ist, weil die Neuverschuldung (fast zehn Milliarden Euro bis Ende 2003) die Höhe der öffentlichen Investitionsausgaben (insgesamt 3,9 Milliarden Euro) bei weitem übersteigt. Diese übermäßige Kreditermächtigung diene nicht der „Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts“, schrieb Kloepfer. Dies wäre aber die einzige Ausnahmregelung, die Grundgesetz und Landesverfassung zulassen. Das Land Berlin hätte seine Schuldenpolitik sogar mit dem Bund absprechen müssen, meint Kloepfer, „weil der Bund gegenüber der Europäischen Gemeinschaft auch für diejenigen öffentlichen Defizite haftet, die innerstaatlich durch die Haushaltspolitik eines Landes verursacht werden.“

Die Verfassungswidrigkeit des Berliner Etats wird vom Landesrechnungshof seit 1993 kritisiert. Grüne und PDS erwogen, als noch die Große Koalition regierte, mehrfach eine Verfassungsklage. Berlin ist derzeit das einzige Bundesland, dass keinen verfassungsmäßigen Etat vorlegen kann. Bremen und Saarland wären allerdings in der gleichen Lage, wenn der Bund nicht Sanierungszuschüsse zahlen würde. Auch in Hamburg liegt die Nettoneuverschuldung in diesem Jahr (850 Millionen Euro) nur geringfügig unter den Investitionsausgaben (1,02 Milliarden Euro). Der Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin selbst hatte vor dem Abgeordnetenhaus freimütig bekannt, dass der Etatentwurf des rot-roten Senats nicht den Verfassungsvorschriften entspricht.

Nach viermonatiger Diskussion innerhalb der Oppositionsparteien – inklusive Sommerferien – liegt nun die notwendige Zahl von Unterschriften für die Normenkontrollklage vor. Ein Viertel der 141 Mitglieder des Abgeordnetenhauses, also mindestens 36, müssen mitmachen. Über 50 Abgeordnete haben unterschrieben. „Der Verfassungsgerichtshof ist sensibilisiert und wir hoffen auf eine zügige Entscheidung“, sagte gestern der FDP-Haushaltsexperte Christoph Meyer. Ein Urteil bis zum Jahresende wäre nicht unbedingt notwendig, weil der Haushalt 2003 bereits beschlossen ist und mit der Erarbeitung des Berliner Etats 2004 erst Anfang nächsten Jahres offiziell begonnen wird.

CDU, Grüne und Liberale erwarten nicht, dass die Verfassungsrichter dem Senat mit detaillierten Auflagen die Haushaltsaufstellung aus der Hand nehmen werden. Sie rechnen aber mit der eindeutigen Feststellung der Verfassungswidrigkeit, die in der Finanzplanung immerhin bis 2006 fortgeschrieben wird. „Wir hoffen auch, dass der Gesetzgeber aufgefordert wird, seine Haushaltspolitik mittelfristig zu korrigieren“, sagte der Grünen-Haushälter Jochen Esser. Sollte der Senat durch das Urteil gezwungen werden, bereits 2004 die Neuverschuldung unter die Investitionshöhe zu senken, müssten bei den öffentlichen Aufgaben bis zum Ende der Wahlperiode zusätzlich 2,5 Milliarden Euro eingespart werden.

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