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Große Koalition: Mit Sicherheit gibt es Streit

Fachleute von SPD und CDU beraten jetzt die Innenpolitik. Die ersten Diskussionen verliefen konstruktiv – und kontrovers. Die Gegensätze reichen von der Videoüberwachung über den Polizeipräsidenten bis zur Strategie in der Verbrechensbekämpfung.

Der Anfang war ein leichter – die ersten Gespräche zwischen SPD und CDU verliefen konstruktiv und konfliktfrei, wie Teilnehmer freudig berichteten. Doch nun steht schwieriges Gelände bevor – die Innen- und Sicherheitspolitik. Brennende Autos, Gewalttaten auf U-Bahnhöfen – das bewegt die Stadt. Besonders die CDU hat im Wahlkampf versucht, kompetent und entschieden zu wirken – entsprechend groß sind nun die Erwartungen. Am Freitag gab es bis in den Abend hinein erste harmonische Diskussionen, hieß es. Die Verhandlungspartner haben weitere Gespräche aber auf Mittwoch vertagt – angesichts der Fülle der Themen:

VIDEOÜBERWACHUNG 

Die CDU will auch auf so genannten kriminalitätsbelasteten Orten (früher gefährliche Orte genannt) eine Überwachung mit Videokameras erlauben. In der SPD hält man davon nicht viel. Im Wahlprogramm kommt der Begriff Videoüberwachung nicht vor. Eher allgemein heißt es dort über die innere Sicherheit, man wolle „die nötige Balance zwischen notwendigen Eingriffen des Staates und dem Schutz der Freiheitsrechte wahren. Wir lehnen deshalb die von konservativer Seite geforderte Ausweitung von Polizeibefugnissen ebenso ab wie eine Vermischung von Befugnissen Polizei und des Verfassungsschutzes oder den Einsatz der Bundeswehr im Inneren.“

Nur bei der Ausweitung der Überwachung im Nahverkehr sind beide Parteien auf ähnlichem Kurs. Bislang darf die BVG Bilder nur 24 Stunden aufzeichnen, denn sie unterliegt Landesrecht. Die Bahn speichert dagegen 48 Stunden lang, da für sie Bundesrecht gilt. Polizeiexperten fordern die längere Speicherung. Denn Ermittlungen verzögerten sich, wenn zum Beispiel ein Straftatopfer erst später Anzeige erstattet, Bilder aber bereits gelöscht sind. Mit Genugtuung hat die CDU bereits festgestellt, dass sich auch der Regierende Bürgermeister für die 48 Stunden ausgesprochen hat.

NAMENSSCHILDER FÜR POLIZISTEN 

Ein weiterer Streitpunkt dürfte die in diesem Jahr eingeführte Kennzeichnung der Polizisten werden: Die SPD war und ist konsequent dafür, die CDU ebenso deutlich dagegen. Doch hier ist eine vorläufige Lösung in Sicht. Da derzeit zwei Klagen von Polizisten und einer Gewerkschaft laufen, dürfte dieser Punkt vertagt werden, bis ein Urteil vorliegt.

POLIZEIPRÄSIDENT

Seit Monaten versucht SPD-Innensenator Körting, seinen Wunschkandidaten für das Amt des Polizeipräsidenten durchzusetzen. Dies ist Udo Hansen, der – nach außen hin – von der CDU abgelehnt wird. In Partei heißt es dazu, dass es ein „unfreundlicher Akt“ wäre, wenn Hansen dieser Tage ernannt würde. „Diese Entscheidung sollte dem neuen Senat überlassen werden“, sagt die CDU. Leben könnte sie wohl mit der Personalie.

VERBRECHENSBEKÄMPFUNG

Überhaupt bestehen deutliche Unterschiede im Verständnis der inneren Sicherheit. Die SPD setzt in ihrem Programm Akzente auf „Prävention“ und „moderne Großstadtpolizei“. Die CDU hingegen verlangt eine „Null-Toleranz-Strategie“ wie in New York.

PERSONAL

Weniger Stress dürften die Unterhändler mit allem haben, was Personalstärke und Ausstattung der Polizei betrifft. Die SPD will keinen Stellenabbau – und hat vermutlich einsehen müssen, dass ein paar mehr Planstellen in Anbetracht vieler akuter Sicherheitsprobleme gut täten. Die CDU hat hier stets die Zahl 250 Stellen genannt – da dürfte man sich rasch einig werden.

JUSTIZ

Mit der Rechtspolitik hatten sich die Fachleute der Parteien schon tags zuvor beschäftigt. Nach viereinhalb Stunden sei alles besprochen gewesen, berichten Teilnehmer. Die Sitzung sei in „konstruktiver Atmosphäre“ verlaufen, Streit habe es nicht gegeben. Allerdings hatte es zuvor offenbar auch keine großen Gegensätze gegeben.

JUGENDARREST

Einig ist man sich darüber, dass die Jugendarrestanstalt in Lichtenrade erweitert werden soll. Derzeit gibt es dort insgesamt 31 Arrestplätze, sechzig sind im Gespräch.

GESCHLOSSENE HEIME 

Beide Parteien haben sich bereits darauf geeinigt, dass „eine feste Unterbringung“ von kriminellen Kindern möglich sein muss. Die Einrichtung eines solchen Heims, von der CDU immer wieder gefordert, hatte die SPD vor einem Jahr beschlossen.

HANDY-BLOCKER IM GEFÄNGNIS

Handyblocker sollen zunächst in einem Pilotprojekt in der Jugendstrafanstalt in Charlottenburg getestet werden. Um die Benutzung von Mobiltelefonen im Vollzug hatte es vor Jahren Streit geben, als sich herausstellte, dass die Geräte im Jugendgefängnis Plötzensee weit verbreitet waren.

SICHERUNGSVERWAHRUNG

Neue und zusätzliche Plätze für die Sicherungsverwahrung sollen auf dem Gelände der Vollzugsanstalt Tegel entstehen. Der Grundgedanke dabei ist: Straftäter, die nach Verbüßung der Haftstrafe in Sicherungsverwahrung genommen werden, sollen dafür in der Stadt bleiben. Dazu müssen neue Einrichtungen, unter anderem für die Therapie; geschaffen werden, was einige Millionen Euro kosten wird. Doch ist das Land dazu nach einschlägigen Gerichtsurteilen verpflichtet.

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