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Berlin: Große Pläne blieben in der Schublade liegen

Am Stadion der Weltjugend wollten Investoren ein Viertel für autofreies Wohnen bauen. Auch Bausenator Strieder war dafür – bis der BND kam

Von Sabine Beikler

WOHIN ES DIE SPIONE ZIEHT: DAS GELÄNDE AM STADION DER WELTJUGEND

Mission Mitte, Ort der Vision: das ehemalige Stadion der Weltjugend. Ab 2008 sollen dort 4000 bis 5000 Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) arbeiten. Darauf verständigten sich Berlins Bausenator Peter Strieder (SPD) und der BND-Präsident August Hanning. Dass der Umzug nach Mitte beschlossene Sache ist, erklärte Strieder vor zwei Wochen und verärgerte damit viele: Anwohner, Beachvolleyballer, Golfer, die Grünen, die PDS und den Bezirk Mitte. Sauer ist auch die Interessenbekundungsgemeinschaft „Autofreies Stadtviertel an der Panke“: Klammheimlich habe sich die Senatsverwaltung vom Projekt „autofreies Wohnen“ verabschiedet, wundert sich Stadtplaner Markus Heller. Zumal der Bausenator noch im August 2002 das Abgeordnetenhaus informiert hatte, dass ein Bieterverfahren zum Verkauf des Geländes angestrebt wird. Voraussetzung sei, dass ein „angemessenes Angebot“ abgegeben werde. Doch bislang konnte der Senator noch gar keine Angebote sichten: Es gab gar kein Bieterverfahren.

Schon Mitte der neunziger Jahre hatte die Senatsbauverwaltung einen städtebaulichen Ideenwettbewerb für das Gelände an der Chausseestraße ausgelobt, den der Schweizer Architekt Max Dudler gewann. Dessen Entwurf wurde überarbeitet, und 1997/1998 meldete sich der Fußgängerverband per pedes, der ein autofreies Stadtviertel vorschlug. Privatpersonen und Vereine schlossen sich an. Projektleiter und Architekt Markus Heller hielt sich an die städtebaulichen Vorgaben und konzipierte auf dem 14 Hektar großen Gelände einStadtquartier mit 760 Wohnungen, Büro- und Gewerbeflächen, Gastronomie, Jugendfreizeiteinrichtungen sowie zwei großen Sportfeldern und Beachvolleyballplätzen (siehe Grafik).

Die Bezirksverordneten waren begeistert und stimmten im Juli 2000 für ein autofreies Stadtviertel. Daraufhin schrieb die Initiative Anfang August 2000 an Strieder, erklärte, dass es fünf potenzielle Investoren gebe (Kondor Wessels Nord, Berliner Bau. und Wohnungsgenossenschaft 1892, Johann-Daniel-Lawaetz-Stiftung, Habitat Wohnungsgenossenschaft, Immoprojekt Wohnbau Berlin) und fragte an, zu welchen Bedingungen eine Grundstücksübertragung erfolgen könne. Senatsbaudirektor Hans Stimmann antwortete in einem Schreiben vom 5. Oktober 2000, dass Mitte 2001 eine öffentliche Ausschreibung erfolgen solle. „Sie haben dann die Möglichkeit, sich zu bewerben“, schrieb Stimmann. In diesem Interessenbekundungsverfahren stellte die Verwaltung fest, dass es Investoreninteresse gebe. Daraufhin kündigte Strieder ein Bieterverfahren an. Architekt Heller ist fest davon überzeugt, dass sich ein solches Wohnquartier rechnet. „Die Nahverkehrsanbindung ist gut, die Lage ist zentral, Investoren und interessierte Mieter gibt es auch.“ Das aber bezweifelt Strieder: „Es gab dafür keine Nachfrage, es gab keine Gebote.“ Das Projekt „Autofreies Wohnen“ wird das Parlament beschäftigen.

Am vergangenen Donnerstag überwiesen die Abgeordneten einen Grünen-Antrag in die Ausschüsse. In dem Antrag wird der Senat aufgefordert, das Bieterverfahren einzuleiten – und dem BND bei der Suche nach einer Liegenschaft „bestmöglich“ zu unterstützen. Unterdessen wirbt jetzt auch Spandau um den Bundesnachrichtendienst – die Bezirksverordneten bieten die brachliegenden Bundesliegenschaften als Standorte an.

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