zum Hauptinhalt

Berlin: Großer Einsatz, große Ehrung

Beim Neujahrsempfang im Schloss Bellevue würdigt Bundespräsident Horst Köhler auch vier Berliner

Sie engagieren sich vorbildlich auf ganz unterschiedliche Weise, doch als Dank für ihren Einsatz bekamen sie nun alle vier das gleiche Einladungsschreiben: Die Berliner Helga Luther, Hans-Ulrich Schrader, Sabine Zickermann und Silvia Agnes Luise Bathe-Wittchen sind am heutigen Montag Ehrengäste beim Neujahrsempfang von Bundespräsident Horst Köhler für verdiente Bürger der Bundesrepublik und Repräsentanten des öffentlichen Lebens im Schloss Bellevue. Es ist Horst Köhlers zweiter Neujahrsempfang in seiner Amtszeit, und wie beim letzten Mal wird er sich voraussichtlich mit seiner Frau Eva-Luise wieder weitaus mehr Zeit für Gespräche mit eingeladenen Bürgern nehmen, als das Protokoll erlaubt.

Denn jeder hat von seinem Engagement viel zu erzählen, so auch die eingeladenen vier Berliner: Die 82-jährige Helga Luther kümmert sich seit vielen Jahren ehrenamtlich zwei- bis dreimal in der Woche um Jugendliche, die kriminell auffällig wurden, meist als Mitglieder der rechtsextremen Szene. Dafür holt sie ein Fahrer des vom Land Brandenburg unterstützten „Berufsbildungswerkes“ in Buckow in der Märkischen Schweiz regelmäßig in ihrer Schöneberger Wohnung ab und fährt sie zu den Räumen des Ausbildungszentrums. Dort bietet man den Jugendlichen die Chance, einen Beruf zu erlernen. Und Helga Luther erzählt ihnen in Gesellschaftskunde vom eigenen Elend in der Nazizeit.

Sie war zwei Jahre Häftling im KZ Ravensbrück, weil sie als junge Frau Hitlers Kriegstreiberei angeprangert hatte. Nach dem Krieg arbeitete sie in West-Berlin bis zur Rente als Krankenschwester und zog zwei Söhne groß, bis ihr Rechtsextreme 1981 erneut schweres Leid zufügten: Neonazis erschossen ihren Sohn in der Crellestraße. Auch dieses Erlebnis ist ihr heute ein Antrieb, bei Neonazis ein Umdenken zu bewirken. Sie sollen erfahren, „dass sie auch liebenswerte Menschen sind“, sagt Helga Luther. „Und dass sie etwas leisten können – wenn sie nur wollen.“

Eine Arbeit fast wie ein Detektiv erledigt Hans-Ulrich Schrader aus Marzahn. Er leitet seit 2000 hauptberuflich die Umbettungsarbeiten des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge in der Ukraine, ist maßgeblich daran beteiligt, dass die Gräber von über 100 000 dort gefallenen deutschen Soldaten gefunden werden konnten, die sterblichen Überreste in Ruhestätten überführt wurden.

„Meist kennen wir nur die Standorte der einstigen Wehrmachtsfriedhöfe“, erzählt er, „doch oft sind darauf Häuser oder Straßen gebaut, oder die Örtlichkeit lässt sich kaum mehr rekonstruieren.“ Dann befragen Schrader und seine vier Mitarbeiter Zeitzeugen oder sehen Behördenpläne ein. Haben sie Erfolg, werden die Gefallenen anhand ihrer Erkennungsmarke identifiziert und auf fünf neu angelegten deutschen Friedhöfen in der Ukraine in Gräbern bestattet.

Silvia Agnes Luise Bathe-Wittchen hat ihren schwerstbehinderten Zwillingstöchtern mit hohem persönlichen Einsatz den Weg ins Leben geebnet: Beide litten von Geburt an unter Muskelatrophie. Die Mutter gab den Beruf auf und pflegte ihre Töchter beispielhaft. Sie legten ihr Abitur ab, studierten und arbeiten heute beide als Ärztinnen.

Auch Sabine Zickermann wird heute geehrt. Sie prägt den Behindertensport in Berlin bereits seit 15 Jahren – als Übungsleiterin für geistig behinderte Schwimmer beim SG Rehabilitation Berlin-Lichtenberg e.V. Seit 1998 engagiert sich Sabine Zickermann als Mitglied im Organisationsteam Schwimmen bei den nationalen Sommerspielen der Special Olympics Deutschland. So ist es auch ihr zu verdanken, dass die Sommer-Special-Olympics im September in Berlin mit rund 2500 Teilnehmern ein Erfolg wurden. Zu ihren erfolgreichsten Schützlingen gehören die Schwimmer Anni Wagner und Stefan Krumrey.

Die beiden haben den Bundespräsidenten schon bei der Eröffnungsfeier der Special Olympics in Berlin mit Interesse verfolgt. cs/kög

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false