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Großflughafen BBI: Flugroutenplanung: Noch nicht auf Kurs

Politiker erwarten, dass die Flugsicherung die neuesten Routen-Empfehlungen für den Airport in Schönefeld umsetzt. Bedenken sind aber bereits angemeldet.

Die Politik hat sich schon entschieden: Nachdem die Schönefelder Fluglärmkommission am Montag mit Mehrheit entschieden hatte, den Südwesten Berlins und die angrenzenden Kommunen in Brandenburg vom Fluglärm des neuen Airports in Schönefeld zu befreien, erwartet Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD), dass sich die Flugsicherung diese Entscheidung „sehr genau anschaut“. Der Berliner CDU-Bundestagsabgeordnete Karl-Georg Wellmann sieht bereits einen „Riesenerfolg für die Bürger“ und geht davon aus, dass die Flugsicherung das Votum in vollem Umfang umsetzt. Ähnlich sieht es auch CDU-Fraktions- und Landeschef Frank Henkel.

Doch noch ist es nicht so weit. Der Leiter der Berliner Niederlassung der Flugsicherung, Hans Niebergall, machte, wie berichtet, bereits unmittelbar nach der Sitzung, an der er teilgenommen hatte, klar, dass er kaum Chancen sehe, den Empfehlungen der Fluglärmkommission zu folgen.

Der vorgeschlagene Geradeausflug von der Nordbahn bei Starts gen Westen bis zum Autobahnring, wo dann je nach Ziel auch Richtung Norden und Osten abgebogen werden soll, sei zu lang. Dabei würde auch unnötig Kerosin verbraucht und die Umwelt belastet. Und der weitere Vorschlag der Kommission, bei allen Starts erst in 10.000 Fuß Höhe statt in 5000 Fuß abzubiegen, werde weltweit nicht praktiziert, weil damit kein „flüssiger Verkehr“ zu gewährleisten sei. Würden die Piloten erst in 10 000 Fuß abbiegen, wäre beim Weiterflug der Lärm am Boden geringer als beim sogenannten Auffächern bereits in 5000 Fuß.

Auch der Rechtsanwalt Winfried Seibert aus Köln, der seit Jahren für die Bundesvereinigung gegen Fluglärm in mehreren Kommissionen, auch in der Schönefelder, sitzt, macht sich keine Illusionen. „Für die Flugsicherung steht die Sicherheit an erster Stelle. Sie kann sich nicht nach Wünschen richten, weder solchen aus der Politik noch aus der Fluglärmkommission“, sagte Seibert dem Tagesspiegel. Obwohl eine Fluglärmkommission nur eine beratende Funktion habe, sei sie kein zahnloser Tiger. Auf den Sitzungen könne man den „Gegnern in die Augen sehen“; die Diskussionen seien ergiebiger, als wenn sie nur von außen geführt würden. „Gegner“ sind die Fluggesellschaften und die Flughäfen, die in der Regel den Flugverkehr erweitern wollen. Auch in der Sitzung am Montag stimmten die Vertreter der Fluggesellschaften und des Flughafens gegen das Abbiegen in erst 10 000 Fuß Höhe über dem Autobahnring.

Rolf-Roland Bley von der Fluglärmkommission in Tegel hält das Gremium ebenfalls für wichtig. Durch ständige Interventionen sei es in Tegel gelungen, die Zahl der Nachtflüge wenigstens etwas zu reduzieren. Und nur durch Nachhaken in der Kommission sei die Flughafengesellschaft bereit gewesen, regelmäßig Statistiken zu den Nachtflügen vorzulegen, die mit Ausnahmegenehmigungen in der Ruhezeit absolviert werden, die in Tegel um 23 Uhr beginnen sollte. So sei auch nachgewiesen worden, dass Air Berlin durch häufige Verspätungen Spitzenreiter bei der Zahl der Nachtflüge sei. Die Fluglärmkommissionen in Tegel und Schönefeld sind erst nach der Wende eingerichtet worden. Weder bei den Alliierten im Westen noch bei der Regierung der DDR spielte der Lärmschutz eine Rolle.

Relevant ist der Abbiegepunkt bei Starts gen Westen an statistisch etwa 250 Tagen im Jahr, an denen es Westwind gibt. Flugzeuge starten in der Regel immer gegen den Wind. Und der Hauptverkehr hat Ziele im Westen oder Süden. Nach Norden und auch nach Osten biegen zumindest in der Anfangsphase des Flughafens verhältnismäßig wenig Maschinen ab. Beim Abheben von der Südbahn machen die Piloten südlich vom Flughafen die Kurve gen Osten.

Allerdings will der Flughafen Verkehr aus dem asiatischen Raum anlocken. Gelingt dies, würde die Zahl der Flüge steigen. Und eingesetzt werden hier schwerere – und meist auch – lautere Maschinen, die nicht so schnell steigen wie die bisher in Schönefeld und Tegel meist fliegenden Mittelstreckenmaschinen.

Seibert lobt die Flugsicherung auch bei den Ostwind-Routen. Um Zeuthen vom Überfliegen zu befreien, habe die Flugsicherung „ungeheuer gearbeitet“, damit bei Starts von der Südbahn ein schnelles Abbiegen in einer fast 90-Grad-Kurve möglich wird. Während die Flugsicherung dieses Verfahren nach ausgiebigen Simulationen für praktikabel hält, wollen Zeuthener Initiativen erreichen, dass es grundsätzlich bei Geradeausflügen bleibt, weil sie der Kurve nicht trauen.

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