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Berlin: Großflughafen Schönefeld: Erneuter Eklat bei Anhörung

Mit einem erneuten Eklat begannen gestern die Berliner Bürger-Anhörungen zum geplanten Großflughafen Berlin-Schönefeld. Nach etwa eineinhalb Stunden unterbrach Versammlungsleiter Joachim Leyerle die Sitzung, weil Vertreter der Flughafengegner zum Megafon gegriffen hatten.

Mit einem erneuten Eklat begannen gestern die Berliner Bürger-Anhörungen zum geplanten Großflughafen Berlin-Schönefeld. Nach etwa eineinhalb Stunden unterbrach Versammlungsleiter Joachim Leyerle die Sitzung, weil Vertreter der Flughafengegner zum Megafon gegriffen hatten. Schon die beiden Anhörungstermine in der vergangenen Woche waren weitgehend an lautstarken Protesten von Brandenburger Betroffenen gescheitert. Dabei geht es bisher nicht um den Flughafen selbst, sondern ausschließlich um Verfahrensfragen.

Um 11 Uhr 38 trat Anwohner Klaus Götte zum zweiten Mal ans Saalmikrofon. Zuvor hatte er seinen Platz auf der Rednerliste einem Anwalt des Bürgervereins Berlin-Brandenburg (BVBB), der gegen den Airport kämpft, überlassen. Als Götte weitersprechen wollte, schaltete der Versammlungsleiter das Mikrofon ab und rief den nächsten Redner auf. Die rund 300 Zuhörer protestierten lautstark. Als Vertreter des BVBB das abgeschaltete Mikrofon durch ein mitgebrachtes Megafon ersetzten, unterbrach Leyerle bis zum Nachmittag.

Der Zorn der Flughafengegner entlud sich daraufhin auch gegen Leyerles Dienstherrn, Rainer Bretschneider. Der 52-jährige Abteilungleiter im Potsdamer Verkehrsministerium wird mit seiner Unterschrift später über Bau oder Scheitern des Großflughafens entscheiden. "Kommen Sie endlich Ihrer Aufsichtspflicht nach und unternehmen Sie etwas gegen diesen Versammlungsleiter! Leyerle provoziert, anstatt zu moderieren!", rief eine aufgebrachte Menge, die Bretschneider umringt hatte. Mit seiner Taktik, die Erörterungen bei lautstarken Störungen sofort - und oft stundenlang - zu unterbrechen, zieht Leyerle immer mehr Unmut auf sich. "Wenn ein Lehrer so mit seiner Klasse umgehen würde, wäre er längst beurlaubt worden", rief ein empörter Flughafen-Gegner. "Der Lehrer hat aber einen Erziehungsauftrag. Herr Leyerle hat keinen", erwiderte Bretschneider kühl. "Sie und die ganzen Eierköppe von den Behörden wohnen ja alle weit weg!", sagte jemand aus der Menge. Immerhin lobten einige Betroffene, dass Bretschneider sich ihren Sorgen überhaupt stellte. "Ich kann die Leute ja alle ein bisschen verstehen", sagte dieser nach dem Disput. Leyerles Verhalten wollte er nicht kommentieren. Den Zeitplan sieht er wegen der ständigen Unterbrechungen "überhaupt nicht in Gefahr". Die zunächst anberaumten 60 Anhörungstage halten fast alle Beteiligten für unrealistisch. Allerdings dürfte sich der Zeitplan entspannen, weil ab nächstem Donnerstag sowohl Berliner als auch Brandenburger Betroffene eingelassen werden sollen. Wegen des erwarteten Ansturmes waren dafür verschiedene Wochentage vorgesehen. Schon für den morgigen Donnerstag ist die Anhörungszeit bis 20 Uhr verlängert worden.

Gestern Nachmittag gingen die Anhörungen planmäßig weiter, nachdem der Versammlungsleiter dem Redner Götte noch einmal das Wort erteilt hatte. Die Flughafengegner sprechen allerdings stets "unter Rechtsvorbehalt", weil der BVBB die Arbeit einer Brandenburger Behörde auf Berliner Gebiet für illegal hält. Der Verein hat deshalb bereits am Freitag Strafanzeige wegen Amtsanmaßung gegen Leyerle erstattet. Gestern kündigte ein Anwalt des Vereins auch eine Anzeige gegen Verkehrsminister Hartmut Meyer wegen "Mittäterschaft" an.

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