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Berlin: Gruben ohne graben

In der Potsdamer Straße zeigen die Wasserbetriebe, wie man Rohre verlegt – und dabei Staus vermeidet

Die beste Baustelle ist aus Sicht von Autofahrern die unsichtbare. Die Wasserbetriebe lobten sich gestern dafür, in den vergangenen Jahren 630 Kilometer Rohre verlegt zu haben, ohne die Straße aufzureißen. Gestern wurden der Fachwelt anlässlich der Messe „Wasser Berlin“ verschiedene Methoden vorgeführt, Rohre unterirdisch voranzutreiben, ohne die Straße auf der ganzen Länge umzugraben. In der Potsdamer Straße verlegt eine Art Maulwurf eine 50 Zentimeter dicke Abwasserleitung – zu sehen sind davon nur zwei Gruben am Anfang und am Ende. Nach dem Maulwurf-Prinzip ist zum Beispiel auch der Tiergartentunnel entstanden, die Rohrbauer nennen ihre Technik deshalb „Mikro-Tunnelbau“.

Nach Angaben der Wasserbetriebe wird das Verfahren bereits seit 20 Jahren angewendet, die seitdem so neu verlegten oder sanierten Wasserrohre ersparten dem Unternehmen 54 Millionen Euro, den Autofahrern eine Million Quadratmeter aufgerissenen Asphalt und etwa 200 000 Lastwagenfahrten Erdan- und -abfuhr. Mit der herkömmlichen Methode hätte man in der Potsdamer Straße auch die Autospur sperren müssen, hieß es gestern, so reicht es aus, die Busspur auf wenigen Metern zu sperren.

Mit der Technik werden vorhandene brüchige Rohre von dem lasergesteuerten „Maulwurf“ in kleine Stücke zerfräst und rückstandslos abgesaugt. Direkt dahinter werden die neuen Rohre eingefädelt, bis sie an der 100 Meter entfernten Ziel-Grube angekommen sind.

Diese Technik könnte noch viel häufiger angewendet werden, sagte gestern Jens Hölterhoff, Professor für Bauverfahrenstechnik. Aber die Bezirke würden bei den Baufirmen nicht eindringlich genug darauf dringen. Da in Deutschland keine Gebühren für Bauarbeiten erhoben werden, bei denen Straßen gesperrt werden, hätten andere Leitungsbetriebe (Gas, Strom, Telefon) keinen Anreiz das Verfahren einzusetzen. In anderen Ländern, wie Großbritannien, sei das anders, dort müsse für das Aufbaggern einer Straße gezahlt werden. Derzeit wird nur an komplizierten Stellen das etwas teurere Verfahren verwendet, sonst das traditionelle Aufgraben. Volkswirtschaftlich sei der Mikro-Tunnel immer günstiger, sagte Hölterhoff, wenn nämlich Staus und Dreck mit berechnet würden. Hölterhoff, der auch Vorsitzender der „Gesellschaft für grabenloses Bauen“ ist, lobte die Wasserbetriebe, die mittlerweile jeden zweiten Rohrkilometer ferngesteuert unterirdisch verlegt. (mit dts)

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