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GRÜN FÜR BERLIN Wie sich Bürger für die Parks der Stadt engagieren: Ein Volkspark in Privathand

In Lichtenrade betreiben Anwohner eine öffentliche Grünanlage. Doch mittlerweile fehlt der Nachwuchs

Samstags ab neun stehen sie am Werkhofstor zur Materialausgabe. Wolfgang Spranger, Hubertus Kott, Peter Gue und Ingeborg Austilat. Zusammen sind sie knapp unter 300 Jahre alt, aber ihr Blick ist fest und der Gang entschlossen. Es wird regnen, die Luft ist schwer und feucht. Die Hecke muss heute gestutzt werden und die Festwiese geschoren, da gibt es kein Wetterpardon. Jeden Samstag ist Arbeitseinsatz im Volkspark, jeden Mittwoch auch. So geht das hier seit 26 Jahren.

Der 1981 gegründete Verein „Lichtenrader Volkspark“ ist ein bundesweites Unikat. Die 80 Mitglieder betreiben einen öffentlichen Park, rund 40 000 Quadratmeter Pachtland, auf dem Bäume stehen, Sträucher, Ruhebänke, ein Spielplatz. Es gibt auch duftende „Wildwuchs“-Wiesen, wegen der Ökologie.

Der Park entstand bereits Ende der 70er Jahre. Damals wurden in Lichtenrade Ost immer mehr Siedlungen gebaut. Die neuen Einwohner merkten bald, dass kaum Grünflächen geplant waren. Eine Bürgerinitiative gründete sich und rief Ende 1979 zu einer Pflanzaktion auf. Weihnachtsbäume sollten mit Ballen gekauft werden, damit sie nach dem Fest auf dem Freigelände zwischen der Großziethener Straße, Im Domstift und der Carl-Steffeck-Straße weiterwachsen konnten. So wurden grüne Tatsachen geschaffen.

„Das Gelände hat unser Verein von der Stadt Berlin für einen symbolischen Euro gepachtet“, erzählt Wolfgang Spranger, der 1. Vorsitzende. Aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden kommen rund 2800 Euro im Jahr zusammen. „Damit werden die Pflanzen bezahlt, die Geräte und Betriebskosten.“ Kein Bezirksgärtner hat hier je einen Ast geknickt. Nicht mal die Polizei darf auf dem Gelände Streife laufen. Die Vereinsmitglieder machen alles selbst – und ehrenamtlich.

Darauf sind die stolz, nur leider geht ihnen langsam die Puste aus. Die unermüdlich Aktiven sind in die Jahre gekommen. Der Nachwuchs besteht aus zwei Jugendlichen. Einer davon ist der 16-jährige Christoph Bohne. Er will Landschaftsgärtner werden und sucht nach einer Lehrstelle. „Wenn der Schriftführer und ich wegbrechen, dann geht der Verein kaputt“, sagt Spranger. Er ist Kfz-Mechaniker, zurzeit ohne Arbeit, und verfügt über regenabweisendes Grauhaar nebst einem großformatigen Brustkorb. Seit 1982 schuftet er zum Wohle der Allgemeinheit. Früher war auch Klaus Wowereit Mitglied im Verein.

Die Wende hat dem Volkspark-Enthusiasmus der Lichtenrader einen schweren Dämpfer versetzt. Ohne eingemauert zu sein, konnten viele den Sinn einer eigenen Grünanlage nicht mehr erkennen. Die Mitgliederzahl sank von 300 auf den heutigen Stand von 80. Rund ein Dutzend ist wirklich aktiv.

Das private Engagement schützt den Park allerdings nicht vor dem berlintypischen Vandalismus. Die Tischtennisplatte wurde zerhauen und der Kletterturm angezündet. Die Versuche, Stiefmütterchen zu pflanzen, haben die Grünaktivisten schnell wieder aufgegeben. Sogar die werden sofort weggeklaut.

Kontakt zum Lichtenrader Volkspark e. V.: Geschäftsstelle, Bornhagenweg 7, oder Tel: 745 26 30 (Wolfgang Spranger)

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