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Grüne kritisieren Senat: Rettungswagen kommen zuverlässig zu spät

Seit Jahren schafft es die Feuerwehr nicht, die mit dem Senat vereinbarten Zeitfristen in der Notfallrettung zu halten. Die Grünen werfen der Innenverwaltung Desinteresse vor.

Der falsche Schritt auf glatter Straße, ein Stolpern in der Dämmerung – schon ist es passiert: Mit dickem Knöchel muss man schnell ins Krankenhaus. Also kurz die 112 gewählt, gleich darauf biegt der Rettungswagen um die Ecke: Problem im Nu gelöst. So stellt sich das der Bürger vor – die Realität sieht aber anders aus: Notrufe werden immer später angenommen, Rettungswagen kommen weniger rasch, als sie eigentlich sollten. Dies erklärte Innensenator Frank Henkel (CDU) auf Nachfrage des Abgeordneten Benedikt Lux (Grüne).

Auf Notrufe wird später reagiert

"Wenn ich einen Notfall habe, möchte ich, dass sofort abgehoben wird", bemängelt Lux. Tatsächlich dauert es immer länger, bis ein Notruf durchkommt: Im vierten Quartal 2014 reagierte die Feuerwehr bei rund 72 Prozent der mehr als 200.000 Notrufe in weniger als zehn Sekunden; im Schnitt hing man 10,5 Sekunden in der Warteschleife. Im Vorjahresquartal waren es noch knapp 76 Prozent bei 8,8 Sekunden Wartezeit gewesen. Lux ist sicher: "Wer zu spät ans Telefon geht, kommt auch zu spät zum Einsatz."

Rettungswagen im Schnitt neun Minuten unterwegs

Die Zahlen der Senatsinnenverwaltung stützen Lux’ Einschätzung. Die Feuerwehr hat die mit dem Senat vereinbarten Hilfsfristen – den Zeitraum, in dem die Retter am Einsatzort eintreffen sollen – in den Jahren 2010 bis 2013 deutlich verfehlt. Statt, wie vereinbart, im Schnitt in acht Minuten am Ort des Geschehens zu sein, brauchte ein Rettungswagen durchschnittlich rund neun Minuten und zehn Sekunden – eine Zahl, die über die Jahre weitgehend gleich blieb. Eine Zeitspanne für die Bearbeitung des eingehenden Notrufes ist gar nicht vorgesehen. Zahlen für 2014 liegen laut Senatsinnenverwaltung noch nicht vor, sie sollen im Frühjahr veröffentlicht werden.

Die Vereinbarung zwischen Senat und Feuerwehr sieht weiter vor, dass die Retter im Stadtzentrum bei 75 Prozent der Fahrten die vereinbarten Fristen einhalten, am Stadtrand wenigstens zu 50 Prozent. Doch auch dieses Ziel wurde seit 2010 durchgängig verfehlt: Im Zentrum kamen die Retter in weniger als der Hälfte der Fahrten rechtzeitig ans Ziel, in den Außenbezirken nur bei jeder vierten Fahrt. Tendenz: weiter fallend. So sank der "Erreichungsgrad" zwischen 2010 und 2013 im Zentrum von 52 Prozent auf 44 Prozent, am Stadtrand von 28 Prozent auf 24 Prozent.

Feuerwehr schlägt Verlängerung der Hilfsfristen vor

Die Feuerwehr hatte, wie im Oktober berichtet, dem Senat im Sommer eine Verlängerung der Hilfsfristen auf insgesamt zehn Minuten vorgeschlagen: "Acht Minuten Anfahrtszeit plus zwei Minuten für die Notrufbearbeitung, das ist bundesweit üblich", sagt Feuerwehrsprecher Björn Radünz. Mit einer solchen "8+2-Regelung" und der Vereinheitlichung der Regeln für Innenstadt und Vororte, da ist Radünz sicher, "würden wir im ganzen Stadtgebiet einen Erreichungsgrad von 90 Prozent schaffen."

Nur, so Radünz, sei über den Vorschlag noch nicht entschieden worden. Die Senatsinnenverwaltung äußerte sich am Donnerstag nicht zum Vorschlag der Feuerwehr. Es hieß lediglich lapidar, die steigende Zahl der Notrufe und Rettungseinsätze in Berlin sei eine große Herausforderung; man habe 80 zusätzliche Stellen bei der Feuerwehr geschaffen.

Lux: Senat nimmt Notfallpatienten nicht ernst

Lux warf dem Senat mangelndes Interesse an der Behebung der Probleme vor: "Wenn der Senat die Berliner Notfallpatienten ernst nehmen würde, würde man die Verantwortlichen an einen Tisch holen, um das Problem zu lösen." Lux hatte schon im Herbst einen "Krisengipfel Notfallrettung" gefordert – bisher habe sich der Senat den Gesprächen allerdings verweigert. "Spätestens zur Vorstellung des Feuerwehrberichts im Frühjahr werden wir wieder darüber reden", sagt Lux. Dann wolle er Ergebnisse sehen.

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