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Berlin: Grüne proben die Erneuerung

Die Wellen der Erregung wirken nach. Nicht nur die Landesmitgliederversammlung der Grünen hat sich aufrütteln lassen - von der Rede des am Samstag überraschend erkorenen Bundestagskandidaten Werner Schulz.

Die Wellen der Erregung wirken nach. Nicht nur die Landesmitgliederversammlung der Grünen hat sich aufrütteln lassen - von der Rede des am Samstag überraschend erkorenen Bundestagskandidaten Werner Schulz. Auch die Abgeordnetenhausfraktion der Alternativen sehnt sich nach einem Aufbruch. Und wie Werner Schulz die Mitglieder aufgerufen hatte, um den Osten und gegen die PDS zu kämpfen, suchen auch die Parlamentarier nach einer Erneuerung in rot-roten Zeiten. Am Wochenende trifft sich die Fraktion zur Klausur in der Europäischen Akademie im Grunewald. Auf der Tagesordnung: die Wahl eines neuen Fraktionsvorstands und die Neubestimmung der Rolle in der Opposition.

Noch hat Wolfgang Wieland sich nicht festgelegt, ob er noch einmal antritt. Die Rolle des scheidenden Justizsenators, der schon vor der Zeit des Übergangssenats die Fraktion mitangeführt hat, ist zwiespältig. Zum einen ist er für die Profilierung der Grünen jenseits von CDU und FDP und jenseits der Koalition kaum wegzudenken. Zu dominant seine Rolle, zu schwach seine Fraktionskollegen in Fragen der Taktik wie der Rhetorik. Für einen Neuanfang aber kann Wieland nicht herhalten. Schon zu lange spricht er selbst vom nötigen Generationswechsel.

In der Fraktion geht man dennoch davon aus, dass Wieland noch einmal antritt. Allerdings nur, um den Übergang zu organisieren. Nach zwei Jahren könnten dann Jüngere zum Zuge kommen. Der Innenpolitiker Volker Ratzmann und der Haushaltspolitiker Oliver Schruoffeneger gelten ebenso wie Ramona Pop als aufbaufähiger Nachwuchs.

Der Vorstand soll auf vier Abgeordnete verkleinert werden. Doch ob man, bei jetzt nur noch 14 Abgeordneten, wieder eine Doppelspitze wählt, ist noch nicht entschieden. "Eigentlich ist das eine rein pragmatische Frage", sagt Fraktionssprecher Matthias Tang. Es könnte jedoch auch schnell als Signal in die Partei hinein missverstanden werden, dass die Doppelsspitze ebenso wie die Trennung von Amt und Mandat zur Disposition stünde, wägt Wolfgang Wieland. "Und die Quotierung ist über die Strömungsgrenzen hinweg eine feste Größe", meint Tang. Mit Blick auf die Außenwirkung könnte sich die Fraktion deshalb für die Doppelspitze entscheiden.

Die jetzige Vorsitzende Sibyll Klotz wird wohl auf jeden Fall wieder antreten - und gewählt werden. Neben Wieland haben bereits Ratzmann und aus dem bisherigen Vorstand auch der Verkehrspolitiker Michael Cramer eine Kandidatur für den Vorstand angekündigt. Bis zur heutigen Fraktionssitzung sollen sich alle potentiellen Kandidaten erklären.

Im Grunewald erwarten die Grünen auch Besuch. Parteienforscher Richard Stöss und Meinungsforscher Manfred Güllner sind eingeladen, den Alternativen bei der Suche nach ihrer neuen Rolle zu helfen. Denn neben den Wahlen steht die Neubestimmung der Oppositionsarbeit ganz oben auf der Tagesordnung. Einige Stichworte will Wieland als Diskussionsgrundlage beisteuern: Opposition jenseits der Rechts-Links-Polarisierung und Verzicht auf den Versuch, die Koalition links zu überholen. Die Grünen sollen sich konzentrieren auf traditionelle Politikfelder wie Ökologie, Verkehr und Bürgerrechte. "Wir sind dann so etwas", hofft Wieland, "wie die Lord-Siegel-Bewahrer der Koalitionsvereinbarung."

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