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Berlin: „Grüne sollten nicht schon Senatorenposten fordern“

Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit: Die PDS kann trotz Niederlage Regierungspartei bleiben. SPD will aber beide Optionen prüfen

Herr Wowereit, Sie haben jetzt die Richtlinienkompetenz. Mit wem würden Sie gern weiterregieren? Mit den Grünen oder der Linkspartei/PDS?

Wir haben zwei Optionen, und die werden sondiert. Wir werden uns dabei an den Sachthemen orientieren.

Die SPD-Linke hat ein Papier vorgelegt, das die PDS deutlich favorisiert.

Ich finde es immer gut, wenn sich innerparteiliche Gruppierungen um politische Inhalte Gedanken machen. Das ist legitim. Orientieren werden wir uns aber am SPD-Wahlprogramm und anderen Beschlüssen der Parteigremien.

Kann die PDS als Wahlverlierer überhaupt Regierungspartei bleiben?

Selbstverständlich kann die PDS Regierungspartei sein. Es war doch allen klar, dass die PDS das außerordentlich gute Wahlergebnis von 2001 nicht wiederholen konnte. Dass die Linkspartei bei dieser Wahl besonders im Osten deutlich schwächer und die SPD stärker geworden ist – da bitte ich um Verständnis, dass mich das nicht beunruhigt.

Was hätten die Grünen für Vor- und Nachteile als Koalitionspartner?

Das werden wir sehen. Zurzeit stelle ich fest, dass die Grünen schon bestimmte Senatsposten fordern, dass Personen gehandelt und Ansprüche erhoben werden. Die Grünen sollten sich jetzt auf die Inhalte konzentrieren.

Sie haben doch auch schon durchblicken lassen, dass die SPD bestimmte Senatsämter für sich beansprucht. Zum Beispiel Finanzen und Inneres.

Erst klären wir die Sachprobleme. Es wäre unklug, jetzt schon eine Diskussion um Senatsressorts und Personen zu führen. Natürlich habe ich persönliche Prioritäten …

Welche sind das?

Ich werde mich ganz bestimmt nicht öffentlich festlegen.

Die Koalitionsmehrheit, ob Rot-Rot oder Rot-Grün, ist denkbar knapp. Lässt sich so eine stabile Regierung bilden?

In den Länderparlamenten, auch im Bund, hat es immer wieder knappe Mehrheiten gegeben. Das ist nichts Ungewöhnliches. Es diszipliniert und erfordert eine hohe Konzentration auf das Regierungshandeln. Die Fraktionschefs werden eine große Verantwortung haben, um im parlamentarischen Betrieb die Mehrheiten zusammenzuhalten. Das ist eine Herausforderung – die aber zu bewältigen ist. Man darf auch nicht vergessen, dass Sachentscheidungen keine absoluten Mehrheiten brauchen und die Opposition kein monolithischer Block ist, der immer geschlossen gegen die Regierung stimmt.

Sie könnten ein Dreierbündnis schließen, mit komfortablen Mehrheiten.

Das hätte wieder andere Probleme. Dann profilieren sich zwei kleine Parteien ständig gegeneinander.

Was wäre der Bundes-SPD lieber: ein Bündnis mit der PDS oder den Grünen?

Das wurde im SPD-Präsidium nach der Wahl nicht diskutiert. Das müssen die Länder, auch Berlin, selbst entscheiden, da werden keine Wünsche geäußert.

Wann beginnen die Sondierungen?

Wir werden beide Parteien in dieser Woche einladen, und ich hoffe, dass die Gespräche zügig stattfinden.

Was sind die politischen Essentials der SPD für die Verhandlungen?

Arbeit, Wirtschaft und Bildung müssen im Vordergrund stehen. Und an Projekten, die wir schon angeschoben haben, etwa der Großflughafen in Schönefeld, darf nicht gerüttelt werden. Es wird genügend Punkte geben, wo die Unterschiede zwischen den Parteien groß sind. Aber von der Grundstimmung her denke ich, dass eine Koalitionsvereinbarung mit beiden Parteien möglich .

Wäre ein Urteil in Karlsruhe zur Haushaltsklage Berlins, das in die Verhandlungen platzt, nicht sehr störend?

Nein, das stört nicht. Wir warten gespannt auf das Urteil und wissen dann, ob Berlin Finanzhilfen des Bundes bekommt. Das wird auch Einfluss auf das Regierungsprogramm haben.

Wann soll der neue Senat stehen?

Das Parlament wird sich am 26. Oktober konstituieren. Ich bin daran interessiert, die Regierungsbildung so schnell wie möglich abzuschließen. Aber das liegt nicht allein in der Hand der SPD.

Friedbert Pflüger wird jetzt CDU-Fraktionschef. Ist das eine Bereicherung für das Landesparlament?

Das kann man im Vorhinein ja nicht sagen. Natürlich ist es dringend notwendig, dass sich die Berliner CDU neu orientiert. Wenn Herr Pflüger es schaffen sollte, in seiner Fraktion über längere Zeit Rückhalt zu gewinnen und die Union zu modernisieren, dann wünsche ich ihm dafür viel Erfolg. Das wird eine schwierige Aufgabe werden.

Das Gespräch führte Ulrich Zawatka-Gerlach.

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