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Grüne Woche: Geplatzte Blütenträume

Die Blumenhalle der Grünen Woche präsentiert Malerei und 30.000 Pflanzen. Den meisten Platz hat die Tulpe – ein ökonomisch hoch aktuelles Gewächs

Wer um 1630 in den Niederlanden beim Anfertigen eines Zwiebelomelettes in die falsche Schale griff, lief Gefahr, auf einen Haps sechs bis acht Jahresgehälter in die Pfanne zu hauen. Die Zwiebeln der Tulpe wurden vor rund 400 Jahren nach dem Goldgewicht gehandelt. Die Nachfrage bei Hof und in aufstrebenden Großbürgerkreisen trieb die Preise in die Höhe, die Tulpe wurde zum Spekulationsobjekt. Irgendwann wurde es dem Staat zu bunt, er setzte die Preise fest, die Blumenblase platzte. Der Crash an der Tulpenbörse – aktuell wie nie.

Das weiß auch Mario Kwast. Der studierte Film- und Theatermaler arbeitet seit Beginn der Grünen Woche in der Internationalen Blumenhalle 9b vor einem riesigen, bunten Tulpenfeld an einem dreiteiligen Gemälde, etwa 3,30 mal fünf Meter sind die Einzelteile groß. Links und rechts sind zwei rot-gelbe Tulpenbündel zu sehen, in der Mitte neigen sich, vor einem weiten Landschaftspanorama, vier welkende Tulpenköpfe. „Spekulationsopfer – das passt doch zur Krise“, grinst der 48-jährige Kwast. Die Bilder sind einzeln, aber auch als Triptychon verkäuflich, 1000 Euro kosten sie pro Stück. Bisher sind noch alle erhältlich.

Das Konzept der Blumenhalle heißt „Ein Tag im Museum“. Rund um einen prächtigen Springbrunnen haben Floristen und Landschaftsgestalter berühmte Meisterwerke mit Blumen und Gestecken nachempfunden. Eines der größten Werke ist Claude Monets „Garten in Giverny“. Brigitte und Jürgen Sieg aus Tempelhof sitzen auf einer Bank vor dem Arrangement und genießen den Blick auf die bunten Pflanzen, den angedeuteten Laubengang: „Man denkt, der Weg gehe da hinten weiter,“ schwärmt die 73-jährige Brigitte Sieg. „Das ist ganz toll!“ Ihr Mann macht ein Foto mit seiner Digitalkamera. Auch von Kwasts Blumenbildern sind sie begeistert. Die Tulpen seien wunderschön, „und es ist interessant, dass man dabei zuschauen kann, wie ein Kunstwerk entsteht.“

30 000 Blumen stehen insgesamt in der Halle, davon allein 7000 Tulpen auf dem Feld vor Mario Kwasts Bildern. Gestiftet wurden die Blumen von der Tulpenmesse „Tulipan“, die im April und Mai im Britzer Garten stattfindet – eine eigene Messe für die ursprünglich aus China stammenden Frühlingsblüher. Bereits um 1050 wurde die Tulpe in Persien verehrt, von dort aus fand sie den Weg ins Osmanische Reich, wo sie ab dem 15. Jahrhundert gezüchtet wurde. Ihre Blütenform brachte ihr den Namen „Turbanblume“ ein, wobei „tülband“ das rote Turbantuch bezeichnete.

Über die Türkei kam die Tulpe schließlich nach Holland, 1594 pflanzte sie der Botaniker Carolus Clusius erstmals an. Mittlerweile ist die duftlose Pflanze zum Symbol der Niederlande geworden. Und zum Exportschlager. 1,5 Milliarden Schnitttulpen wurden 2007 aus Holland in alle Welt verkauft, davon 650 Millionen nach Deutschland, das nach den USA der zweitgrößte Abnehmer ist. Rund 330 Millionen Tulpenzwiebeln im Wert von geschätzten 42 Millionen Euro gingen im vergangenen Jahr nach Deutschland. Ein gutes Geschäft – wenn auch bisweilen die Preise rapide fallen. Am Ende eines Hallentages versucht der Händler am Nachbarstand, seine letzte Ware loszuwerden: „50 Tulpen für zehnEuro!“ 

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