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© dpa

Grüne Woche: Von wegen Krise

Anders als teilweise befürchtet ist die vorläufige Bilanz der heute endenden Grünen Woche überaus positiv

Berlin - In Kenia, Uganda und Kanada leben jeweils etwa 30 Millionen Menschen. Diese Zahl hat die Grüne Woche jetzt mit den drei Ländern gemeinsam: Pünktlich zu ihrer 75. Ausgabe zählte die Messe – quasi als Jubiläumsgeschenk – den 30 000 000. Besucher. Rund 400 000 Gäste, davon 100 000 Fachbesucher, kamen in diesem Jahr. Deren durchschnittliche Pro-KopfAusgaben lagen mit 106 Euro sogar noch um fünf Euro über denen des Vorjahres. Aber nicht nur deshalb sind die Organisatoren „superzufrieden“, wie Messesprecher Wolfgang Rogall schwärmt: „Die Stimmung bei Besuchern und Ausstellern war trotz Wirtschaftskrise ausgezeichnet.“ Besonders stolz verkündet er die Zahl der Reisebusse (2000!) und die der Agrarminister, die die Grüne Woche ansteuerten: „Mehr als 50, doppelt so viele wie 2009.“

Zu den zufriedenen Ausstellern, die Umsätze von über 42 Millionen Euro verbuchten (2009 waren es  41 Millionen), gehören viele Holländer. „Wir haben vor allem das Image unserer Gewächshäuser ordentlich verbessern können“, sagt Thomas Wittenburg, Sprecher des niederländischen Gemeinschaftsstands. „Die Niederlande sind zwar der größte Exporteur agrarischer Produkte nach Deutschland. Aber es gibt immer noch Vorurteile gegen Tomaten, Paprika, Auberginen, Gurken, die in den Gewächshäusern wachsen.“ Fachbesucher hätten sich kaum an den niederländischen Ständen umgesehen. „Aber dafür ist die Grüne Woche auch nicht da“, sagt Wittenberg. „Dafür fährt man eher zur Fruit Logistika im Februar.“ Besonders gut sei es einer Firma ergangen, die Kresse in seltsamen Geschmacksrichtungen anbietet: Knoblauch, Radieschen, Broccoli, Chili und Anis. „Bislang haben sie damit nur die Gastronomie beliefert“, sagt Wittenburg. Die Grüne Woche sei Testlauf für einen Vertrieb im regulären Handel gewesen. „Die Kunden haben tatsächlich viel Kresse gekauft. “

Jörg Werler, Vorstandsmitglied im Forum Fairer Handel, hat auch eine Erfolgsgeschichte zu erzählen. Er war zum ersten Mal mit einem Stand für fair gehandelte Produkte auf der Messe – und hat auf Anhieb eine Molkerei als Partner für die Herstellung von fair gehandelter Bio-SchokoSchulmilch gefunden. „Die präsentieren wir 2011 auf der Grünen Woche.“ Vielleicht läuft es dann auch besser mit dem Verkauf. „Das Kaufverhalten war noch nicht so ausgeprägt“, sagt Werler. „Vor allem bei der Schokolade.“ Dafür war sein Schulprogramm zum Thema Bananen „restlos überbucht“. Da erklärte er Schülern die „Ungerechtigkeiten in der regulären Bananenproduktion: Kinderarbeit und massiven Pestizideinsatz ohne ausreichenden Schutz für die Arbeiter.“ Bei fair gehandelten Bananen sei das anders. „Es hat funktioniert, auf der Messe den Gedanken von Fair Trade zu verbreiten.“

Informieren wollte auch die Fördergemeinschaft nachhaltige Landwirtschaft (FNL) in der Erlebnisbauernhof-Halle: „Wir hatten acht Podiumsdiskussionen, fünf mehr als im Vorjahr“, sagt Simon Michel-Berger, Sprecher der FNL, zu der 40 Partner-Organisationen gehören. So gab es etwa ein Gespräch zur Frage: Hat der Agrarstandort Deutschland eine Zukunft? „Ja, er hat – wenn seine Stärken verteidigt werden“, sagt Michel-Berger.

Aber auch für die „normalen Besucher“ war die Bauernhof-Halle attraktiv: „1500 Leute machten beim Quiz zu Klimawandel und Landwirtschaft mit. Das ist sehr, sehr gut“, bilanziert Michel-Berger. Nur die „unglückliche Geschichte mit den Schweinen“ habe den Erfolg ein wenig überschattet. Tierschützer hatten bemängelt, dass Ferkel in der Halle blutige Schrammen aufwiesen. „Das lag nur an einer kleineren Rangelei. Inzwischen sind die Verletzungen geheilt.“

Auf der Messe ist der Weg vom Tier zum Produkt meist nicht weit: Bei Klaus Dahmke am Schleswig-Holstein-Stand war die Schinken-Tombola ein voller Erfolg. „Insgesamt war der Verkauf in Ordnung, aber wir haben ein bisschen weniger Umsatz gemacht als sonst.“ Seiner Meinung nach liegt das vor allem an den verkürzten Öffnungszeiten. Bodo Schaefer, Projektleiter Länderhalle Deutschland, wurde positiv überrascht: „Ich hatte gedacht, dass wegen der Krise weniger Gäste kämen. Aber die Halle sei gut besucht gewesen. „Die Renner waren Bier, Thüringer Bratwürste und Leberkäse.“

Für Messesprecher Rogall gab es noch einen anderen Renner: Besonders viele Besucher seien in der Blumenhalle gewesen. „Wenn’s draußen so eisig ist wie jetzt, sehnen sich die Leute nach dem Frühling.“

Heute ist noch einmal von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Bis zuletzt kann man alles in Ruhe anschauen. Die Aussteller dürfen erst nach Messeschluss abbauen.

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