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Berlin: Grüne wollen das Schatzkästlein Olympiagelände öffnen

Private Investoren sollen 130 Hektar großes Gelände entwickeln, doch der Sanierungsaufwand wird auf 175 Millionen Euro geschätzt

Von Tobias Arbinger

Das Gelände liegt im Schatten des Olympiastadions und gilt als Terra Incognita. Riesige Sportflächen, Hallen und Funktionärsgebäude aus den 20er und 30er Jahren liegen hier. Die Architektur ist typisch für die Weimarer und die NS-Zeit. Den Eingang zum Turnerhaus zum Beispiel säumen goldene Adler. Wandreliefs von Athleten zieren die Wände des Foyers und der markige Spruch: „Kraft ist Parole des Lebens“. Aber auch Überbleibsel der britischen Schutzmacht, die hier 45 Jahre lang ihr Hauptquartier hatte, kann man im „Deutschen Sportforum“ entdecken.

Früher war das Gelände im Norden des ehemaligen „Reichssportfeldes“ für die Öffentlichkeit tabu. Doch nun, während das benachbarte Olympiastadion - Austragungsort der Olympischen Spiele von 1936 unter den Nationalsozialisten - für die Fußballweltmeisterschaft saniert wird, werden Begehrlichkeiten um die Nutzung des laut Senat „weltweit einzigartigen Ensembles“ formuliert. Derzeit baut Hertha BSC im Sportforum ein Trainingszentrum auf, andere Vereine nutzen die alten Turnhallen, ein Teil des Sportmuseums sitzt hier. Doch wie sieht die Zukunft der Sportplätze und der größtenteils leer stehenden Bauten aus? Der Senat sei untätig, beklagte gestern die Fraktion der Grünen im Abgeordnetenhaus.

„Ich befürchte, dass der Breitensport auf dem Gelände gegenüber Hertha BSC und anderem Profisport benachteiligt wird“, sagte der Fraktionsvorsitzende Wolfgang Wieland. „Ich wünsche mir eine intensive Nutzung durch alle Sportler, insbesondere Jugendliche und deutliche Hinweise auf den Missbrauch des Sports durch die Nazis.“ Einer wichtigen Einrichtung wie dem Sportmuseum werde zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Sein Ausbau ist dringender Wunsch der Grünen. Unweit des Orginalschauplatzes könnte die Geschichte der Spiele im Nazideutschland dargestellt werden. „Gefragt sind jetzt nicht Gutachten und Konzepte, sondern Taten“, sagte Wieland. Seine Fraktion kritisiert zudem, dass der Senat den Landessportbund bislang nicht einbezogen habe.

„Das Gelände wird selbstverständlich allen Sportarten, der Öffentlichkeit und Touristen offenstehen“, sagt dazu der Sprecher der Sportverwaltung, Thomas John. Vergangenen Oktober habe sein Haus ein grobes Leitkonzept zur Nutzung des 130 Hektar großen Olympiageländes veröffentlicht. Derzeit stimmten sich verschiedene Senatsverwaltungen darüber ab. Eine Olympia-GmbH soll gegründet werden und „das Schatzkästchen“ mit Hilfe privater Investoren entwickeln. Der Landessportbund werde nach der Abstimmungsrunde „selbstverständlich hinzugezogen“. Der Vorwurf, das Gros des nördlichen Reichssportfeldes werde Hertha BSC zugeschanzt, „stimmt nicht“. Eine wichtige Rolle des Vereins sei aber „gewünscht und gewollt“, sagte John.

„Sport, Freizeit, Wissenschaft“, wünscht sich Manfred Nippe vom Landessportbund auf dem Gelände. Es wäre auch ideal als Standort für die Sportlehrerausbildung der Humboldt-Universität, sagt er. Die Uni suche dafür seit Jahren einen Standort.

Auf rund 175 Millionen Euro wurden der Sanierungsaufwand für das Umfeld des Olympiastadions vor einigen Jahren beziffert. Wie hoch er tatsächlich ist, hängt von den konkreten Plänen für die Sportflächen und Gebäude ab. In der Vergangenheit hatten sich die Nutzungen mehrfach verändert. Vor allem die Briten hatten Anlagen umgewidmet. Sie ließen ein Schwimmbecken für einen Exerzierplatz zuschütten. In Sporthallen richteten sie Werkstätten und Büros ein. In der früheren Dienstvilla des „Reichssportführers“ auf dem Gelände soll schon die Queen gefeiert haben. Heute kann man sie für Hochzeitsparties mieten.

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