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Berlin: Grünen-Politiker: Vor Demos mit den Händlern reden

Rechtspolitischer Sprecher fordert Veranstalter zu mehr Flexibilität auf

Künftig sollten bei geplanten Demonstrationen in Einkaufstraßen die Geschäftsleute schon vorher in die Planungen mit einbezogen werden. Das schlägt der rechtspolitische Sprecher der GrünenAbgeordnetenhausfraktion, Volker Ratzmann, vor. Er reagierte damit auf das Verbot einer Demonstration auf dem Ku’damm, das das Verwaltungsgericht bestätigt hatte. Erstmals ließ das Gericht damit die Interessen von Händlern als Argument gelten, eine Demo-Route zu verlegen. Rund 1000 Gegner eines Irak-Krieges mussten daher, wie berichtet, am Sonnabend über die Budapester Straße statt über den Ku’damm ziehen.

„Es wäre besser, wenn in solchen Problemzonen die Einzelhändler in den ,Veranstaltergesprächen‘ von Demo-Anmeldern und Versammlungsbehörde einbezogen würden“, sagte Ratzmann dem Tagesspiegel. So ließen sich möglicherweise frühzeitig Kompromisse finden, die auch die Interessen der Händler berücksichtigten. Angesichts der schwierigen Lage im Einzelhandel und der Umsatzeinbußen durch Demonstrationen forderte der Grünen-Politiker deren Veranstalter zu „mehr Flexibilität“ auf.

Zugleich mahnte Ratzmann Gleichbehandlung an: Die Verlegung von Protestmärschen aus wirtschaftlicher Rücksichtnahme müsse „auch für die Beamten gelten“. Während die Kriegsgegner den Ku’damm am Sonnabend umgehen mussten, durften demonstrierende Staatsdiener durch die Friedrichstraße ziehen. Der dritte Adventssonnabend ist erfahrungsgemäß der umsatzstärkste Tag des Weihnachtsgeschäfts; wenn Käufer wegen Demonstrationen fernbleiben, sind auch die Umsatzeinbußen der Händler besonders hoch. Der Landesvorsitzende der Grünen, Till Heyer-Stuffer, hatte das Verbot der Ku’damm-Demo durch Innensenator Ehrhart Körting (SPD) als „peinlich“ kritisiert. In der rot-roten Koalition stehe „das Recht auf Konsum offensichtlich über dem Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit“.

Körtings Sprecherin Henrike Morgenstern begrüßte das Urteil. Es bestätige die Position des Senators, dass die Versammlungsbehörde neben dem Grundrecht auf Meinungsfreiheit auch die Grundrechte derer zu berücksichtigen habe, die nicht demonstrieren wollen. Die Entscheidung bedeute gleichwohl nicht, dass der Kurfürstendamm für Protestmärsche künftig nicht mehr genutzt werden könne. „Es wird jedesmal eine neue Abwägung des Einzelfalls geben“, sagte sie.

Auch Ratzmann erwartet nicht, dass der Ku’damm nun generell zur „demonstrationsfreien Zone“ werde. Nicht jeder Tag sei ein Adventssonnabend. Ratzmann betonte, die Gerichtsentscheidung gebe auch keinen Freibrief zur Einrichtung von Bannmeilen um sensible Orte, wie sie Körtings Vorgänger Werthebach einrichten wollte, um zum Beispiel rechtsradikale Aufmärsche am Holocaust-Denkmal zu verhindern. how

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