zum Hauptinhalt

Berlin: Grüner "Machtkampf" zwischen West und Ost

Interne Rangeleien um Bundestagsliste / Wird Ex-Bürgerrechtlerin Marianne Birthler dem linken Flügel geopfert?VON AXEL BAHR BERLIN.

Interne Rangeleien um Bundestagsliste / Wird Ex-Bürgerrechtlerin Marianne Birthler dem linken Flügel geopfert?VON AXEL BAHR BERLIN.Für die Bündnisgrünen droht die Aufstellung einer Landesliste zur Bundestagswahl zu einer Zerreißprobe zwischen Ost- und West-Mitgliedern zu werden.Vier chancenreiche Bewerber gehen für die drei sicheren Listenplätze ins Rennen, darunter als einzige Ost-Vertreterin die frühere Bürgerrechtlerin Marianne Birthler.In der Partei ist von einem "knallharten Machtkampf" und internen Absprachen die Rede, wonach Birthler zugunsten des Parteilinken Christian Ströbele das Nachsehen haben soll. Deutlich äußert sich im Vorfeld die Bundestagsabgeordnete und 94er-Spitzenkandidatin Franziska Eichstädt-Bohlig zu den internen Rangeleien."Es herrscht ein knallharter Machtkampf, und es gibt Vorabsprachen zu Ungunsten der Ost-Kandidatin.Für mich ist das alles eine enttäuschende Angelegenheit", so Eichstädt-Bohlig gegenüber dem Tagesspiegel.Erklärtes Ziel der Baupolitikerin ist es, erneut die Landesliste anzuführen.Der zweite Platz wäre für sie eine "persönliche Niederlage". Maßgebliche Zirkel in der Partei sollen sich darauf verständigt haben, die ausgewiesene Sozialexpertin und Bundestagsabgeordnete Andrea Fischer auf den Spitzenplatz zu hieven, der nach der Quote ohnehin einer Frau zusteht.Der zweite Rang - nur gerade Zahlen sind bei den Grünen "Männerplätze" - soll dem Repräsentanten der Parteilinken, Christian Ströbele, zufallen, um dem Richtungsproporz zu genügen.Im Landesverband will man von etwaigen Absprachen nichts wissen."So eine Mitgliederversammlung ist autonom und unberechenbar", sagt Landesgeschäftsführer Michael Martens. Sollte das Spitzenduo tatsächlich Fischer/Ströbele heißen, müßte Eichstädt-Bohlig gegen Birthler antreten, wobei der Ost-Politikerin so gut wie keine Chancen eingeräumt werden."Gegen Marianne Birthler trete ich nur ungern an, weil der Osten sowieso unzureichend repräsentiert ist", so Eichstädt-Bohlig.Genau in diese Kerbe schlägt auch eine Erklärung zahlreicher Ost-Grüner, die sich für einen Ost-Kandidaten auf einem der drei sicheren Listenplätze einsetzen."Das Fehlen eines ostdeutschen Gesichts" würde die vielerorts aufgestellte Behauptung unterstützen, die Grünen seien eine "typische West-Partei", heißt es in der Erklärung.Zudem würde das Image der PDS als einzige ostdeutsche Interessenvertretung gestärkt.Auch gebe man der CDU Wahlkampfhilfe, die sich mit den zu ihr übergetretenen Persönlichkeiten wie Günter Nooke oder Angelika Barbe als Erbin der Bürgerrechtsbewegung zu profilieren versuche. Marianne Birthler selbst ist bei der Kommentierung ihrer Chancen zurückhaltend und will die Diskussion nicht zusätzlich anheizen.Sie weist aber auf das deutliche Mißverhältnis in der Mitgliederstruktur hin.Von den etwa 3000 Berliner Grünen kommen nur etwa zehn Prozent aus dem Osten.Der stärkste Bezirksverband ist Prenzlauer Berg mit 150 Mitgliedern, und davon stammt mittlerweile die Hälfte aus dem Westen. "Die Situation ist gefährlich, weil immer weniger Grüne aus dem Osten kommen und das Übergewicht des Westens spürbar zunimmt", so Birthler.Die vermeintliche Favoritin, die Schönebergerin Andrea Fischer - sie kandidiert auch um ein Direktmandat in Hellersdorf/Marzahn - sieht keinen direkten Ost-West-Konflikt in ihrer Partei, der sich über die Kandidatenwahl ausdrücke.Sie könne nachweisen, sich durch ihr Engagement in der Sozialpolitik auch für Ost-Interessen eingesetzt zu haben.Ihr erklärtes Ziel sei es, den Spitzenplatz der Liste zu erobern.Ob sie auch um den folgenden "Männer-Platz" gegen Ströbele antreten würde, will sie nicht sagen.Anders als ihre Konkurrentin Eichstädt-Bohlig spricht Fischer von einer mit "Anstand und Fairneß" geführten Konkurrenz unter dem Kandidaten-Quartett. Für Ströbele sind die Forderungen der Ost-Grünen zwar "berechtigt", seine Kandidatur wird er, der in Kreuzberg/Schöneberg um ein Direktmandat antritt, dennoch nicht fallenlassen.Vor vier Jahren war er bei der Listen-Aufstellung wegen der strengen Frau/Ost/-Quotierung chancenlos.Damals zog Gerd Poppe in den Bundestag ein.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false