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GRÜNES Rathaus (9): Künast-Kolumne: Der Blick nach vorn

Was hätte Renate Künast als Regierende zu erzählen? Stefan Stuckmann erfindet ihre Briefe an die Wähler.

Liebe Berlinerinnen, liebe Berliner,

an diesem Tag, an dem ganz Berlin zurückschaut auf das vergangene Jahr, möchte ich Ihren Blick nach vorne lenken. Als Regierende Bürgermeisterin habe ich Zugriff auf die hellsten Köpfe des Landes, und in diesen Tagen gibt da eine Prognose der nächsten die Klinke in die Hand. Es geht aufwärts, abwärts, seitwärts, und mein Maya-Kalender 2012 aus dem Reformhaus kommt sogar komplett mit leeren Blättern. Doch wo selbst Algorithmen und Zahlenkolonnen das Wetter schlechter vorhersagen als das rechte Knie von Hans-Christian Ströbele, ist es an der Zeit, einen Schritt zurückzugehen. Zu den einfachen Dingen.

Ich habe mir also heute mein Jahreshoroskop für 2012 heraussuchen lassen, und... Na ja. Die erste Jahreshälfte wird wohl eher schwierig: „Wahrscheinlich müssen Sie in so manchen sauren Apfel beißen.“ Klingt nach Landesparteitag, nur länger. Wollen wir hoffen, dass die Äpfel wenigstens ungespritzt sind. Ich habe mich deshalb entschlossen, die schweren Aufgaben in die zweite Jahreshälfte zu packen und mich in den Monaten davor um kleinere Probleme zu kümmern, bei denen zwischen mir und der Lösung nur ein paar Stunden Ranklotzen liegen: der S-Bahn-Rückkauf, die Nachnutzung von Tempelhof und Tegel, der dreispurige Radwegeausbau und Vollbeschäftigung. Den Rest erledige ich dann ab Juni, denn dann kommt der Jupiter zurück und mit ihm die alte Renate.

Doch genau wie für Kassenpatienten ist es auch für Politiker oft sinnvoll, vor großen Entscheidungen eine zweite Meinung zu hören. Heute Morgen habe ich deshalb noch schnell ein Bleigießset gekauft und hier im Büro in Betrieb genommen. Ich habe selbstverständlich zweimal gegossen, zuerst für Berlin, dann für mich. Der erste Klumpen ist mir sehr filigran geraten, und Frank Henkel, der grad für ein paar kleine Absprachen von seiner Oppositionsbank in mein grünes Rathaus gekommen war, war sich sicher, dass ich da ein zweites Terminal für den neuen Flughafen gegossen habe. Das ist natürlich marktradikales Wunschdenken – der Klumpen zeigt eindeutig eine Ganztagsschule. Als Henkel endlich weg war, habe ich dann noch mal gegossen. Dabei bin ich leider kurz erschrocken, weil ich mir nebenbei dieses Youtube-Video angesehen habe, das Kretsche aus BaWü rumgeschickt hat – das mit dem Juchtenkäfer, der Skateboard fährt. Die Hälfte von dem Blei ist deshalb auf meiner Hand gelandet. Im Wasser lagen hinterher nur zwei winzige Klumpen, die mich entfernt an die FDP erinnern. Die Brandblase dagegen sieht exakt so aus wie der Umriss von Kim Jong-Il. Ich bin noch nicht sicher, was uns das sagen soll, aber die naheliegendste Interpretation ist wohl die, dass das mit mir und Ihnen was Langfristiges ist!

Einen guten Rutsch! Ihre

Renate

Stefan Stuckmann

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