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Berlin: Günther Huesmann über Big-Bands als Schulen für Nachwuchs-Jazzer

Ein Jazzmusiker ist jemand, der eine Liebesaffäre mit der Zeit hat. Da geht es um Nuancen, hängt das Glück von rhythmischen Subtiliäten ab, von kleinsten Zwischenräumen zwischen den Noten.

Ein Jazzmusiker ist jemand, der eine Liebesaffäre mit der Zeit hat. Da geht es um Nuancen, hängt das Glück von rhythmischen Subtiliäten ab, von kleinsten Zwischenräumen zwischen den Noten. Dort, verrät Jazz-Fan David Bowie, "ist es, wo die Action passiert." Wie aber lernt man diese Action? In Big-Bands, meinen Jazz-Pädagogen. Obwohl die Big-Band von manchen für eine moderne Straf-Galeere gehalten wird - sie scheint der ideale Lernort für aufstrebende Jazz-Adoleszenten zu sein. Um solistische Freiheit wirklich gestalten zu können braucht man Disziplin. Die lernt man nicht im fröhlichen Drauf-Losspielen, sondern dort, wo es diese Freiheit in lichten Momenten zu atmen gibt: in den Orchestern des Jazz. Weil außerdem die Klang-Balance des Satzspiels eine besondere Herausforderung darstellt, und weil sich rhythmische Subtilität in ihr kollektiv erfahren lässt, ist die Big-Band zum Lieblings-Kind der Jazzpädagogik geworden. Im FEZ Wuhlheide tritt sich am Samstag all jenes Talent musikalisch auf die Füße, das vielleicht einmal die Zukunft des Berliner Jazz prägen wird. Beim 3. Big-Band Meeting stemmen Schüler-Big-Bands aus Berlin und Brandenburg ab 13 Uhr die Charts von Duke Ellington, Artie Shaw, Gil Evans, Maria Schneider und Eigenkompositionen. Wenig verständlich jedoch ist, warum diese wunderbaren Klangkörper an den Errungenschaften vorbeiphrasieren, wie sie experimentelle Big-Bands wie das Globe Unity Orchester oder das Muhal Richard Abrams Orchestra erschlossen haben. Offenbar lässt sich der Krämergeist von Lehrplänen nur schwer mit den Ideen der Jazz-Avantgarde versöhnen. Erfreulich ist immerhin, dass die RIAS-Big-Band die Dienstplan-Mentalität am schwarzen Brett des Beamten-Jazz hängen lässt und sich mit Spontanität und dem souveränen Mut des Profis unter die Jungen Wilden mischt. Gemeinsam mit dem Berliner Jugend-Jazz-Orchester wird sie beim Abschlusskonzert um 17 Uhr klar machen: Eine Big-Band ist mehr als ein Kollektiv aus frustierten Solisten. Sie swingt. Und auch hier gilt: Ein Jazzer versucht immer, ein Thema so zu spielen, dass es nicht wie ein Thema klingt, sondern wie er selber.

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