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© Mike Wolff

Günther Jonitz, Ärztekammer: "Wir können nicht zu jeder Sitzung einen Aufpasser schicken"

Günther Jonitz weist ein Versagen der Ärztekammer zurück. Er will jetzt gegen verdächtige Werbung von Medizinern vorgehen

Von Sandra Dassler

Herr Jonitz, zwei Männer sind tot, ein dritter Mensch liegt im Koma – hätte die Ärztekammer das verhindern können?



Leider wohl nicht. Wir können nicht zu jeder Therapiesitzung einen Aufpasser schicken.

Also gibt es keine Kontrollen?

Doch natürlich. Sie beziehen sich beispielsweise darauf, ob Facharzt-Prüfungen abgelegt wurden. Und natürlich gehen wir Beschwerden von Patienten nach.

Gab es in diesem Fall Beschwerden?

Mir sind keine bekannt. Genaueres kann ich aber erst nach einer entsprechenden Prüfung am Montag sagen.

Ist es zulässig, dass ein Arzt im Rahmen einer Therapie Drogen verabreicht?

Natürlich nicht. Zum einen sind bestimmte Drogen in Deutschland verboten. Zum anderen ist es Ärzten strikt untersagt, im Rahmen einer Gruppentherapie zentral wirksame Medikamente zu verabreichen. Abgesehen von Kaffee und Tee.

Warum ist das so?

Weil alle schulmedizinischen Verfahren, also auch alle Psychotherapien, die in Deutschland offiziell zugelassen sind, ja gerade darauf abzielen, die Selbststeuerung des Patienten zu aktivieren. Und nicht sie auszuschalten.

Wie erklären Sie sich dann den Fall?

Wir beobachten seit längerem, dass sich allerlei alternative und esoterische Heilverfahren immer größerer Beliebtheit erfreuen. Wir können Menschen nicht davon abhalten, sich in die Hände von Scharlatanen zu begeben. Wenn sich allerdings ein Arzt zu solchen Methoden hergibt, müssen wir einschreiten.

Wie sieht das aus?

Jetzt haben ja erst einmal die Staatsanwälte das Sagen. Erst danach können wir tätig werden und prüfen, ob wir beantragen, dem Mann die Zulassung zu entziehen.

Der betreffende Arzt beruft sich auf einen „Lehrmeister“ in der Schweiz, der dort eine Zeit lang mit Drogen wie LSD im Rahmen der sogenannten psycholytischen Psychotherapie behandeln durfte und dem die Schweizer Behörden nicht das Handwerk legen konnten.

Es ist auch schwierig, solange Patienten sich nicht beschweren. Denken Sie an die Fälle, wo Ärzte versprachen, Krebs mit Vitamin C heilen zu können.

Arbeiten noch mehr Ärzte in Berlin mit solchen Methoden?

Ich hoffe nicht. Was wir schnellstens mit der Kassenärztlichen Vereinigung überprüfen sollten, sind abstruse oder verdächtige Verfahren, mit denen Ärzte werben. So soll der betreffende Mediziner spirituelle Krisen als Behandlungsmethode angeboten haben. So etwas hätte stutzig machen müssen.

Wie können sich Patienten schützen?

Indem sie bei Gruppentherapien keine Drogen nehmen. Indem sie schon bei der Wahl des Arztes darauf achten, dass seine Methoden von den Kassen anerkannt sind und indem sie bei Zweifeln bei ihrer Krankenkasse oder der Ärztekammer nachfragen.

Günther Jonitz, 51.
Der gebürtige Münchner arbeitet als Chirurg im Elisabeth-Krankenhaus in Tiergarten. Er ist seit 1999 Präsident der Ärztekammer Berlin.

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