zum Hauptinhalt
Schwer zu bekommen: Handwerker in Berlin.

© imago/allOver-MEV

Gute Auftragslage in Berlin: Handwerker lassen auf sich warten

Berlins Betriebe sind im Schnitt ein Vierteljahr im Voraus ausgebucht – das hat Folgen für den Neubau

Mal eben schnell die Wand streichen lassen? Ist in Berlin gar nicht so einfach, denn die Auftragsbücher der Handwerksfirmen sind so prall gefüllt wie selten zuvor. Das geht aus dem Frühjahrsbericht der Berliner Handwerkskammer hervor, der am Mittwoch veröffentlicht wurde. Durchschnittlich verfügen die Betriebe über Aufträge, die ihnen für zwölf Wochen Arbeit sichern. Die Berliner warten damit so lange auf Handwerker, wie niemals zuvor: Der bisherige Spitzenwert lag bei 11,4 Wochen im Herbst 2018. „Berlin baut wie verrückt und handwerkliche Produkte und Dienstleistungen liegen weiterhin im Trend“, kommentierte Carola Zarth, Präsidentin der Handwerkskammer, die Entwicklung.

Während die Berliner Kundschaft viel Geduld aufbringen muss, freut sich das Handwerk über gute Geschäfte. Die Hälfte der von der Kammer befragten Betriebe (49 Prozent) schätzen die Geschäftsergebnisse der letzten sechs Monate als gut ein, 44 Prozent als zufriedenstellend und nur sieben Prozent als schlecht. „Das heißt, dass 93 Prozent der Berliner Handwerksbetriebe mindestens zufrieden sind mit ihren aktuellen Geschäften“, sagte Carola Zarth.

Und auch auf absehbarer Zeit müssen sich die Berliner auf lange Wartezeiten einstellen. „Für die kommenden Wochen und Monate gehen die Berliner Handwerksbetriebe weiterhin von einer sehr guten Auftragslage aus“, heißt es im Kammerbericht, „Wenngleich die Zuwächse der letzten Jahre höchstwahrscheinlich nicht mehr erreicht werden können.“

Von Branche zu Branche fallen die Aussichten für das Gesamtjahr dabei unterschiedlich aus. Während nur gut 20 Prozent der Firmen aus dem Gesundheitsgewerbe steigende Umsätze erwarten, sind es bei den Handwerksbetrieben beinahe die Hälfte der Betriebe. Bei den Baufirmen fällt zudem auch die Auslastung besonders hoch aus, wie der Kammerbericht zeigt: Dort sind die Auftragsbücher im Schnitt sogar 14 Wochen lang gefüllt.

Wirtschaft warnt vor Folgen

Die Wohnungsbauunternehmen in der Stadt warnen derweil, dass sich mit den langen Wartezeiten die Wohnungskrise in der Hauptstadt noch zuspitzen könnte. „Projektverschiebungen und spätere Fertigstellungen entstehen insbesondere durch die mangelnde Verfügbarkeit von Firmen“, sagte Sandra Wehrmann, Chefin des größten landeseigenen Wohnungsunternehmen Degewo dem Tagesspiegel. „Nicht nur bei Neubauten, auch bei unseren fortlaufenden Modernisierungs- und Sanierungsvorhaben haben wir Verzögerungen zu verzeichnen. Gleichzeitig sind die Kosten für Handwerkerleistungen infolge der Hochkonjunktur gestiegen.

„Die Bau- und Handwerkskapazitäten in Berlin sind mittlerweile am Anschlag“, warnte am Mittwoch auch David Eberhart, Sprecher vom Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU), in dem private, genossenschaftliche und auch die landeseigenen Baufirmen organisiert sind. „Bauprojekte werden dadurch langwieriger und vor allem auch immer teurer. Dadurch wird es schwieriger, gegen die Anspannung am Wohnungsmarkt anzubauen.“

Anders sieht es hingegen Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke). Es sei in den letzten Monaten zwar sehr viel schwerer geworden, bei Ausschreibungen für Neubauprojekte Firmen zu gewinnen, sagte eine Sprecherin der Senatorin am Mittwoch. „In manchen Fällen hat sich auf unsere Ausschreibung keine einzige Firma beworben.“ Die Neubauziele sieht Senatorin Lompscher deshalb allerdings nicht in Gefahr. „Der Wohnungsbau wird durch die langen Wartezeiten schwieriger und teuer, gänzlich gestoppt wird er aber nicht“, sagt die Sprecherin. Stattdessen sieht der Senat die Firmen in der Pflicht: „Es wäre notwendig, dass die Unternehmen mehr Personal einstellen, um die Aufträge schneller abzuarbeiten.“

Das allerdings dürfte schwierig werden, weil sich die Betriebe immer schwerer damit tun, geeignete Fachkräfte zu finden. Laut Kammer sucht aktuell fast die Hälfte aller Berliner Handwerksbetriebe gutes Personal: „Zurzeit gibt es einfach nicht genügend geeignete Bewerber“.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false