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Berlin: Gute Tat, falscher Ort

Zwei Türken verhindern einen Diebstahl – und haben die halbe Beusselstraße gegen sich

Dass sie weggeschaut hätten, kann man den Menschen in der Beusselstraße nicht vorwerfen, im Gegenteil, am Ende waren es nach Polizeiangaben 80 Passanten, die sich eingemischt haben– allerdings zugunsten der Straftäter.

Die fünf Libanesen waren Donnerstagmittag mit einem gemieteten VW Golf unterwegs, als sie in der Moabiter Beusselstraße einen offen stehenden Lieferwagen sahen und beschlossen, die Ladung zu klauen. Zwei junge Türken, die in der Nähe in ihrem BMW ein Eis aßen, beobachteten das. „Lasst das!“, riefen sie den Dieben zu. Die hielten inne, einer lief weg, die anderen vier sprangen in den Golf und fuhren weg. Den Flüchtenden fingen die beiden Türken ein – da kamen die vier im Golf zurück. Aus dem Auto holten sie einen Teleskopschlagstock und ein Beil und schlugen auf die zwei Türken ein, die sich aus ihrem Auto noch Baseballschläger holten. Da waren bereits einige Passanten auf den Streit aufmerksam geworden. „Lasst die Diebe laufen“, riefen sie den Türken zu, „das können wir doch so regeln“.

Die Zahl derjenigen, die sich einmischten, wuchs an, geregelt wurde aber nichts, stattdessen haben die verhinderten Diebe den BMW der Türken demoliert. Dann stieg das Quintett mit den Resten seiner Beute – drei Kopfhörer von nicht allzu hohem Wert – in den Mietwagen und fuhr davon, direkt zur Autovermietung am Olivaer Platz in Wilmersdorf, wo sie den Wagen abgeben wollten. Da wartete die Polizei auf die Männer und nahm sie fest. Der Besitzer des Ladens, zu dem der halb geplünderte Lieferwagen gehörte, hatte sich das Kennzeichen des Mietwagens gemerkt und der Polizei gemeldet.

Die gewalttätige Diebestruppe ist der Polizei gut bekannt. Der Jüngste von ihnen ist 19 Jahre alt und schon in der Intensivtäterkartei der Polizei verzeichnet, weil gegen ihn schon oft wegen Gewalttaten ermittelt wurde. Er wurde gestern einem Haftrichter vorgeführt, ebenso wie Abdul-Kader A., Fatmir F. und Faisal S., die drei sind zwischen 23 und 24 Jahre alt und gebürtige Libanesen. Nur ein 21-Jähriger aus der Bande hatte nicht mitgeprügelt, der wurde freigelassen. Die Täter kennen sich aus dem Kiez, alle wohnen in Moabit und dem angrenzenden Wedding.

Neu an der Schlägerei aus der Beusselstraße ist für die Polizei, dass die Passanten in solchem Ausmaß zugunsten der Straftäter Partei ergriffen haben. Von den vielen überwiegend türkischen und arabischen Männern, die sich eingemischt haben, hat keiner gegenüber der Polizei verwertbare Aussagen gemacht. Als die vom Ladenbesitzer alarmierte Polizei am Tatort, Beusselstraße Ecke Turmstraße eintraf, wollte keiner der vielen Passanten etwas gesehen haben. „Fast alle hatten plötzlichen Gedächtnisverlust“, sagte einer der Polizisten. Bemerkenswert finden die Beamten allein die Zivilcourage der beiden Türken.

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