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Berlin: Gute Zeiten, plüschige Zeiten

Zwei Berliner spielen Geschichten aus dem Leben nach – mit Stofftieren

Kuscheltiere sind lebendige Wesen. Kleine Kinder wissen das noch, Erwachsene haben das meistens vergessen. Da ist es gut, dass es Andreas Walter gibt: Der 38-jährige Buchhändler hat die Theater-Seifenoper „Humana – Leben in Berlin“ erfunden. Die Seriendarsteller sind Kuscheltiere – mit den Problemen und Gefühlen von Menschen Mitte dreißig.

An jedem letzten Sonnabend im Monat erzählt Walter zusammen mit der 32-jährigen Ulrike Dittrich in einem ehemaligen Blumenladen in Mitte Geschichten aus dem Leben der Stoffkameraden. An Metallstangen befestigt tänzeln die Tiere über die Bühne, diskutieren, streiten oder lieben sich. Die Bühne – das ist ein Umzugskarton, an dessen Rückwand die Diaaufnahmen aus Berlin projiziert werden: ein Hauseingang, eine Imbissbude oder ein Park. „Die Szenen sollen so alltäglich wie möglich sein“, sagt Walter. „Weil Kuscheltiere die Hauptfiguren sind, wird das Ganze plötzlich lustig.“

Im Mittelpunkt der Erzählungen steht Ralf, das Stoffschwein. Er ist immer gut gekleidet im rot-blauen Superheldenkostüm, ist arbeitslos, hat aber zum Glück eine erfolgreiche Unternehmensberaterin zur Frau – die Biene Maike. „Die beiden sind eigentlich glücklich“, erzählt Andreas Walter, „bis auf eine Sache: Sie hätten so gern ein Kind.“ Aber Maike wird und wird nicht schwanger. Allerdings hat Maike bereits eine Tochter aus erster Ehe: Käferlein Emily, die noch in die Kita geht. In ihrer Gruppe sind die verschiedensten Tiere; ein Dinosaurier zum Beispiel. Der ist ziemlich dick und wird immer gehänselt. Insgesamt leben in der „Humana“-Welt mehr als 40 Stofftiere. Sehr beliebt beim Publikum ist, neben der Hauptfigur Ralf, der Bernhardiner Erich. Erich ist obdachlos und verkauft in der U-Bahn die Zeitung „Straßenfeger“. „Den meisten Tieren sieht man ihren Charakter sofort an“, behauptet Walter. So zum Beispiel der depressiven Petra, dem Hund mit den traurigen Augen.

Viele Zuschauer erkennen sich in Ralf und Co. wieder. Für Walter kein Wunder: „Ich baue die Geschichten meiner Freunde oder selbst erlebte Sachen ein.“ Daher waren Walters Vater und Mutter etwas erstaunt, als die Hauptfiguren Hochzeit feierten. „Die Eltern dachten gleich, ich heirate.“ Diese Szene war aber frei erfunden.

„Humana – Leben in Berlin“, nächster Termin am 30. Oktober, 21 Uhr und 22.30 Uhr, im Blumenladen Brunnenstraße 178, Mitte. Eintritt frei.

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