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Berlin: Gymnasiast gesteht Angriff auf Vietnamesen Bewährungsstrafe für rechten Schläger aus Köpenick

Die Narbe ist die sichtbare Spur. Sie zieht sich quer über die linke Wange des schmächtigen Vietnamesen – so lang und so breit wie ein Streichholz.

Die Narbe ist die sichtbare Spur. Sie zieht sich quer über die linke Wange des schmächtigen Vietnamesen – so lang und so breit wie ein Streichholz. Vier Monate ist es her, dass der 41-Jährige Opfer eines brutalen Überfalls wurde. Die Täter waren Jugendliche, die der rechten Szene angehören sollen. Gestern saßen sie dem Vietnamesen im Gerichtssaal gegenüber. „Ich habe nichts gegen Ausländer“, sagte der 17-jährige Gymnasiast Markus L. Jeder könne machen, was er wolle. „In seinem Land“, fügte er hinzu.

L. ist der Haupttäter. Er schlug am 5. April am Asia-Imbiss an der Rudower Ecke Glienicker Straße in Köpenick mit einem 80-Zentimeter-Kantholz zu. „Reisfresser“, brüllte er laut Anklage dabei. Durch einen der wuchtigen Schläge erlitt Nou N. einen Jochbeinbruch. „Rassistische Motive spielten aber keine Rolle“, behauptete L. Er hatte versucht, einen Kasten Bier auf Pump zu besorgen. N. lehnte das ab. Nach einem Tritt gegen den Imbiss zog L. ab und kehrte dann mit seinen Freunden zurück. „Ich war ziemlich sauer“, sagte der Gymnasiast. Der Vietnamese habe ihn nach dem „leichten Tritt“ mit einem Messer bedroht. „Meine Angst vor dem Messer schlug in Wut um“, sagte er. Seine 21 und 17 Jahre alten Kumpels wurden nicht handgreiflich. Den beiden wirft die Staatsanwaltschaft vor, während des Angriffs auf der Straße aufgepasst zu haben. E. sagte, er habe keinen Angriff gesehen. Tobias B. schwieg.

Nou N. saß wie versteinert im Gerichtssaal. Immer wieder betastete er die Narbe. Ein Messer sei gar nicht im Spiel gewesen, sagte er. „Ich hatte eine Rolle Alu-Folie in der Hand.“ Zwei Wochen lag er im Krankenhaus. Die Narbe blieb. Und die Angst. Er und seine Ehefrau schließen den Imbiss jetzt vor Einbruch der Dunkelheit.

Markus L. will nur „locker“ mit der rechten Szene verbunden sein. Der Polizei allerdings ist er bereits mehrfach in rechtsextremen Zusammenhängen aufgefallen. Zuletzt bei einer Aktion mit dem ehemaligen NPD-Funktionär René Bethage. Nach zum Teil in nichtöffentlicher Verhandlung wurde Markus L. der Körperverletzung und Beleidigung schuldig gesprochen. Das Jugendschöffengericht verurteilte ihn zu zwei Jahren Haft auf Bewährung. Tobias B. muss wegen Beihilfe 90 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten. Der Erlös der Arbeit kommt dem Opfer zu Gute. Der Prozess gegen den 21-jährigen Angeklagten wird am Montag fortgesetzt.

Kerstin Gehrke

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