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Berlin: Gysi schwingt die Windel gegen PDS-Führung

Auf dem Parteitag wird harte Kritik an der Senatspolitik erwartet

Von Sabine Beikler

Die Aufhebung der Lernmittelfreiheit, die geplanten Studienkonten – und jetzt die Erhöhung der Kita-Gebühren: An der PDS-Basis rumort es wegen dieser politischen Entscheidungen gewaltig. Bereits am Samstag wollen mehrere tausend Eltern ab 14.30 Uhr vor dem Roten Rathaus mit der „längsten Windel der Welt“ gegen die höheren Kita-Gebühren protestieren. Als Gastredner wird der frühere PDS-Wirtschaftssenator Gregor Gysi erwartet, was in der PDS-Spitze als äußerst „pikant“ bewertet wird.

Zwar bezeichnet PDS-Landes- und Fraktionschef Stefan Liebich das Unbehagen seiner Parteifreunde als „verständlich“. So ganz wohl ist der PDS-Parteispitze aber nicht, wenn sie an die zu erwartenden heftigen Diskussionen auf ihrem Parteitag am Sonntag denkt. Auf dem Tisch liegt ein Antrag des PDS-Abgeordneten Michail Nelken, wonach einer Erhöhung der Kitakostenbeiträge in der jetzigen Form nicht zugestimmt werden soll. Am Freitag kam noch ein weiterer Antrag von Dagmar Pohle, PDS-Sozialstadträtin von Marzahn-Hellersdorf, hinzu, wonach das Land die Kürzung des Blindengeldes wieder zurücknehmen soll.

Parteichef Liebich verteidigt die Sparmaßnahmen: „Der Haushalt ist vertretbar, weil die Priorität Bildung stimmt.“ Das sieht ein Großteil der Basis anders: Die Kita-Gebühren seien nicht sozial gerecht gestaffelt, es treffe auch mittlere Einkommensgruppen. Peter Görsdorf vom Sprecherrat des Bezirksverbands Karlshorst findet, dass der Anspruch der PDS, die Partei der sozialen Gerechtigkeit zu sein, immer schwieriger zu erkennen sei. „Wir müssen Pflöcke setzen und zeigen, wo wir uns deutlich von der SPD unterscheiden.“ Pragmatismus mit dem alleinigen Blick auf die Haushaltskonsolidierung würden die Wähler der PDS auf kurz oder lang nicht mehr abnehmen. Görsdorf zufolge hat sich das „sozialistische Meinungsspektrum“ zwischen prinzipieller Ablehnung der rot-roten Koalition bis hin zur Tolerierung deutlich auf die Seite der Skeptiker verlagert.

Während die Parteispitze unermüdlich von einem eigenen Profil spricht, können das die wenigsten an der Basis noch erkennen. Selbst die frühere Landesvorsitzende und heutige Bundestagsabgeordnete Petra Pau sagt: „Profilschärfe drückt sich nicht in der Lautstärke gegenüber dem Koalitionspartner aus, sondern indem man eigene Vorschläge macht.“ Die Partei müsse rechtzeitig Konzepte entwickeln. Auf das Modell der Studienkonten sei die PDS Pau zufolge nur „mäßig vorbereitet“ gewesen. Haimo Stiemer, der Landessprecher des PDS-Jugendverbands Solid, sieht das ähnlich: „Die Studienkonten sind die Einstiegsdroge für Studiengebühren.“ Die PDS-Spitze wird es am Sonntag nicht leicht haben.

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