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Berlin: Hadern im stillen Kämmerlein

Von Ulrich Zawatka-Gerlach Eberhard Diepgen will kein Interview geben. Nicht zum Jahrestag seines Sturzes als Regierender Bürgermeister.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Eberhard Diepgen will kein Interview geben. Nicht zum Jahrestag seines Sturzes als Regierender Bürgermeister. Später vielleicht mal. „Was ich vom rot-roten Senat halte, weiß doch jeder, und zur eigenen Partei will ich mich nicht äußern.“ Auch nicht zu Christoph Stölzl, der Diepgen nach 18 Jahren als CDU-Landeschef ablöste. Ist Diepgen nicht froh, dass er Ehrenvorsitzender der Berliner Christdemokraten werden soll? Vorläufig sagt er auch dazu nichts. „Sollen die erst einmal einen Beschluss fassen.“

Stölzl wird für den Beschluss sorgen. Zeitnah, aber nicht überstürzt, denn die Ehrung bedarf einer sorgfältigen Begründung. Als Diepgen nach einer vierwöchigen Reise durch Neuseeland nach Berlin zurückkam, hat Stölzl ihn angesprochen und sich mit ihm getroffen. „Wir wohnen ja nahe beieinander und es war ein nettes Gespräch.“ Trotzdem hadert Diepgen immer noch mit der eigenen Partei. Wenn auch im stillen Kämmerlein. Als ihm die CDU-Landesvertreterversammlung am 16. Januar den Spitzenplatz auf der Bundestagswahlliste verweigerte, gab ein verbitterter Diepgen den Parteivorsitz auf und zog sich aus der Politik zurück.

Seitdem ist er Privatmensch und geht in der renommierten Anwaltskanzlei Thümmel, Schütze & Partner am Kurfürstendamm zur Arbeit. Fährt ab und zu ins Wochenendhaus in der Lüneburger Heide und macht sich ansonsten rar. „Er leidet immer noch“, sagen Menschen, die ihn gut kennen. Weil ihm seine Aufgabe als Regierungschef der deutschen Hauptstadt von einer linken Mehrheit weggenommen wurde. Und weil ihm zuletzt auch die eigene CDU den Boden unter den Füßen wegzog. „Daran haben Parteifreunde mitgewirkt, die ihn schon vor Jahren stürzen wollten“, klagt jemand aus seiner nächsten Umgebung, der nicht genannt sein will. Diepgen würde so ein Vorwurf nie über die Lippen kommen. Jedenfalls nicht öffentlich. Stattdessen sagt er munter am Telefon: „Ich habe mir selbst ein politisches Sabbatjahr verordnet und das tut der Seele gut.“

Unterzutauchen für ein Jahr - das würde Klaus Landowsky, mit dem Diepgen schon zu Studentenzeiten gemeinsam Mutters Erbsensuppe auslöffelte, nie in den Sinn kommen. Der ehemalige CDU-Fraktionschef und Bankdirektor ist jetzt auch Privatmensch und Rechtsanwalt. In einer Bürogemeinschaft mit der Sozietät Seufert in der Rankestraße. Ansonsten pflegt er regen Kontakt zur Berliner Kunstszene und sitzt im Wirtschaftsrat von Hertha BSC. Aber auch er gibt kein Interview und will zum 16. Juni 2001 - als er mit ansehen musste, wie Diepgen und die anderen CDU-Senatoren von SPD, Grünen und PDS abgewählt wurden - nichts sagen. „In die Politik mische ich mich nicht mehr ein, da habe ich innerlich losgelassen.“

Hat er das wirklich? Über Rot-Rot, über Diepgen, über die CDU und das Schicksal der Hauptstadt Berlin macht er sich immer noch viel Gedanken. Er will sie nur nicht mehr gedruckt sehen. In der CDU sprechen viele schlecht über Landowsky, soweit sein überhaupt noch ausgesprochen wird. Auf der Internetseite des CDU-Ortsverbands Buckow, in dessen Vorstand Ex-Parlamentspräsident Reinhard Führer und der frühere CDU-Fraktionsgeschäftsführer Alexander Kaczmarek sitzen, steht zu lesen: „Wir haben Fehler gemacht, insbesondere das Festhalten an der Person Klaus Landowsky hat uns nicht geholfen.“ Die verhängnisvolle Wahlkampfspende von 1995 und seine immer noch nicht vollständig aufgeklärte Rolle in der Bankgesellschaft Berlin haben Landowsky den Weg zu innerparteilichen Ehrungen dauerhaft versperrt. Trotzdem ist er überzeugt, dass seine politisch-historischen Verdienste alles andere überwiegen. Seine Weltsicht hat Landowsky schon 1988 - in einer Ringvorlesung an der Freien Universität, im Gespräch mit der Fundi-Grünen Jutta Ditfurth - formuliert: „Nur die bürgerliche 68er Bewegung war langfristig erfolgreich. Die linke Bewegung hat diesen Prozeß allenfalls beschleunigt.“ Wenn das Rot-Rot wüsste.

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