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Berlin: Hadern mit Merkel, aber nicht mit der CDU

Parteinahe türkische Geschäftsleute bedauern, dass die Unions-Chefin die Türkei nicht in der Europäischen Union sehen will

Wenig Verständnis, keine Sympathie – Angela Merkels Thesen zum Umgang mit der Türkei kommen bei Berliner Türken nicht an, auch bei denen nicht, die der CDU nahe stehen. Die CDU-Bundesvorsitzende versucht, die Konservativen in der EU gegen Beitrittsverhandlungen mit der Türkei zu mobilisieren – und schadet damit gerade den integrationsbereiten Türken. So sieht es zum Beispiel Bahattin Kaya, Vorsitzender des türkisch-deutschen Unternehmerverbandes TDU. Die CDU-Politikerin grenze mit ihrer Strategie, die Türkei außen vor zu halten, alle Türken aus, die in Deutschland lebten – 122 000 sind es allein in Berlin. Das hält Kaya für gefährlich, denn die CDU-Chefin bediene damit die gleichen fremdenfeindlichen Vorurteile, die auch DVU und NPD hoch hielten. Davon abgesehen, sehe Merkel auch nicht, wie sehr sich die Türkei in den vergangenen Jahren verändert und reformiert habe. Niemand verlange heute eine Vollmitgliedschaft ohne jede Einschränkung der Freizügigkeit oder der Wirtschaftshilfe.

Ähnlich sieht es Mehpare Bozyigit vom Verband der türkischen Industriellen und Unternehmer in Berlin. Sie hält Merkels Streiten gegen die Beitrittsverhandlungen als „letzte Anstrengung“, ein rechtskonservatives Wählerpotenzial anzusprechen, sagt die Direktorin von Tüsiad Berlin. Dabei sei mit einer neuen Auswanderungswelle aus der Türkei überhaupt nicht zu rechnen. Für die EU sei die Türkei ein wichtiger Markt mit großer Dynamik. Deshalb glaubt Mehpare Bozyigit auch nicht, dass Merkels Position in der CDU mehrheitsfähig ist.

Richtig findet Kurt Wansner, CDU- Kreisvorsitzender von Kreuzberg-Friedrichshain, Merkels Argumente. „Mit der Türkei ist das Europa, das wir uns mal vorgestellt haben, nicht mehr zu erreichen“, sagt Wansner. Der CDU-Politiker hat gute Erfahrungen mit der Integration türkisch-stämmiger Parteimitglieder. Ein Ortsvorsitzender sei Türke, insgesamt sind laut Wansner von den 600 Mitgliedern 100 türkischer Herkunft. Dennoch: Mit der Osterweiterung werde die EU auf Jahre hinaus zu tun haben, das werde teuer genug. Deshalb hielte Wansner es für besser, der Türkei bloß eine privilegierte Partnerschaft anzubieten. „Wenn Sie Verhandlungen aufnehmen, ist es gelaufen.“ Ähnlich sieht es Stefanie Vogelsang, stellvertretende CDU-Kreisvorsitzende in Neukölln. Dort seien 80 von 980 Mitgliedern türkischer Herkunft, sagt Vogelsang, und sie hätten Verständnis für die Merkel-Linie. Denn auch sie befürchteten, dass ein Beitritt der Türkei die EU überfordere.

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